Full text: Zeitungsausschnitte über Elisabeth von Heyking

© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 20 
ou'ni Nachmittag halten sich. alter Gewohnheit aemäk eine 
Menge Eramlanten ans der Nachbad^ft on B '; w 
beim Berl°!ken der Kirche kamen die ekstln RdsagM 
«.lern, he fetoWerten. das; sie zu ■[«" LKm 
k 1 ' WUS auch kommen möge, noch gched-n zu haben fiÄwr. 
■e vor ihrer wahrscheinlichen Einberufung di» kmidwirl'choKickM 1 
».ccm,, mogknW, anordnen wollten, RLomnM-7mh,VK° 
Posten nicht mehr verlassen durften, da jeder Augenblick die 
wichtigsten Befehle bringen konnte. Man fühlte schon die nahen-- 
Unterbrechung jedes gewohnten Lebensganges. Während nom 
über all diese Nachrichten gesprochen wurde, wach auch schon dem 
Seemann eim Depesche gebracht. Die Rückberufung in 
Hafen. Er war der erste, aber der Kavallerist hatte nicht taug 
KU warten, da hielt auch er den Befehl in Händen, sich umgehen 
bei seinem Regiment einzufinden. Die Entscheidung >nutzte an 
wohl nahe bevorstehen, war vielleicht schon gefallen. Eine ne 
Rm)e und Entschlossenheit kam über , die beiden; fest und M 
gaben sie ihre Befehle fi'lr die nötigsten Vorbereitungen, denn o 
Pferde, die der Älteste bis zu den Herbstmanövern bei Grogmam^ 
stehen lassen wollte, sollten nun — Mi ganz andern Manövern 
rasch in die Garnison gebracht werden, und mit dem nächsten -oUg 
mußten sie selbst ja fahren; aber sie fanden doch noch Jeu, ™ 
dem Inspektor allerhand wirtschaftliche Fragen schnell zu bereden 
und ihm, dem daheimbleibenden Landsturmmunn, Großmama ganz 
besonders zu empfehlen. Denn in den bisher von ihr Umhegten 
war plötzlich ein unbekanntes Verantwortungsgefühl für u e 
erwacht. Zum Vorsorgen, zum Verteidigen, waren sie, die Jungen, 
jetzt da, wenn wirklich, was sie siebten, frevelnd angegriffen werden 
sollte. Großmama hörte still zu mit einem seltsam frohen Lächeln', 
daß ihnen die männlich erziehende Hand-gesehlt, war diesen Enkeln 
wahrlich nicht anzumerken. Und a-uch mit dem Jüngsten konnte sie 
zufrieden sein. Ml dem war zwar noch nicht jo viel Gemessen 
heit wie bei den ältern, da lohte die Begeisterung noch heu 
jauchzend und ungehemmt, aber seine Pläne hatte and) er m 
neuer Selbstbestimmung schon fest gefaßt. In das Jnternar 
wollte er gleich zurückkehren, um sich dort zu verabschieden, uno 
dann sofort in die Garnison des Bruders fahren; die schrsitlicye 
Erlaubnis zur freiwilligen Meldung beim Regiment mußte Groß' 
mama ihm mitgeben. 
Ja, richtige Geburtstagsgeschenke waren diese Enkel, und es 
kam Großmama auch wirklich vor, als würden st« ihr in drefer 
Stunde erst recht geschenkt, als habe sie sie vorher nie so ganz 
gekannt und besessen. Aber in dies stolze Bewußtsein, daß die 
heutigen Jungen würdig geworden jener, die drunten in pw 
Gruft schlummerten, in die erwärmende Seligkeit, die ihre Zarl- 
lichkeit über diese letzte Stunde breitete, mischten sich doch wieder 
die bangen Fragen: war es vielleicht wirklich das letztemal, dag 
sie alle so zusammenstanden? Und wer würde fehlen, wenn oa^, 
was fetzt begonnen wurde, zu Ende geführt fein würde? — "7 
Vielleicht dachten die Enkel Ähnliches; sie sagten zwar stolz urw 
froh: „Auf Wiedersehen!" und ließen keinerlei Rührung aus 
kommen. aber als sie da'.'.n in dem leichten Jagdwageu den Berg 
wieder hinabführe blickten sie alle zurück nach der Haüspforle 
in der Großmama stand, blickten, so lange sie noch 'irgend zu 
sehen war, als wollten sie sich dies allbekannte Bild noch einmal 
ganz genau einprägen. Und dazu blaute der Himmel, überall 
grünte, prangte und reifte es unter der heißen Nachmittagsfonne, 
und die Heimat zeigte sich den Scheidenden schöner denn in 
irgendeinem frühern Sommer. 
Als die Brüder in ihren Garnisonen eintrafen, war die Ent 
scheidung gefallen. 
Und dann kamen Tage und Tage, wo es schiert, als flute die 
ganze wehrhafte Männerwelt in einem ungeheuern grauen. Strom 
! aus dem Laude. Und immer neue Wetten folgten. Alle in derselben 
! Richtung. Me nach Westen. Auch durch'die kleine Station bet 
: Großmamas Gut fuhren.die langen Züge Ehrend Tagen «na 
Tagen. Und auch die Nächte hindurch "tönte ihr Rollen vom 
Tale zun; Schloß hinaus. Dies Rollen klung verschieden vorn 
Rollen andrer Züge. Man hörte förmlich die Schwere dieser 
langen, langen Wagenreihcm Und sie waren ja auch schwer von 
Hoffnungen, die sie trugen, von Sorgen und Wünschen, die N 
an sie hefteten. 
Jedesmal, wenn ein Zug angemeldet .war, strömten 
D'aheimgebliebenen aus den benachbarten Dörfern zu der kleinen § 
Station, alle beladen mit irgend etwas, das sie den Ausrückenden 
schenken wollten. Denn wenn auch in dieser dichtbevölkerten 
Gegend die Städte nahe beinander lagen, in deren Bahnhöfen 
Speisungen stattfanden, so wollte doch auch solch kleine Halte 
stelle niti): nachstehen. Ein Bedürfnis, zu geben und zu schenken 
war in jedem, der Wunsch, den Scheidenden noch etwas Liebes 
anzutun, sie möglichst auszurüsten und zu stärken für Kampf 
und WA Aedes Brot, jede Zigarre, die in die bekränzen Wagen
	        
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