© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 20
Baron von Heyking und seine Gemahlin im Arbeitszimmer des Barons auf Schloß Grossen.
Für die „Zeitbilder" ouiqcnow''"" mn W. Titzettthaler.
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aufzuhäufen. Ihre Tagebücher, die sicher noch
einmal im Zusammenhang veröffentlicht werden,
bergen politisch und literarisch noch manche
Kostbarkeit, und ihr neuer Roman nicht
minder. Ja, sie hat sich vielleicht niemals so sehr
einer gegenständlichen liebevollen Schilderung
reizvoller, ethnologischer Seltsam
keiten hingegeben wie in Tschuns
Geschichte, in der es Kapitel gibt,
die beim bezopften Handwerker,
beim Antiquitätenhändler, in der
Familie des Kleinbürgers intime
und beschauliche ititö ergötzliche
Szenen vorführen, die eilt Euro
päer selten gesehen, gewiß aber
nie beschrieben uitd vor allem tticht
wie Elisabeth von Heyking gesehett
ttitd beschrieben hat. Ist China, das
Rätfellattd, der bevorzugte Schauplatz
dieser beiden Werke, so bietet das
Vaterland der Sehnsucht der Kosmo
politin doch wieder den Trunk ans
dem ewig frischen Quell derHeimalliebe.
In ihrem Buche „Ille mihi", dem
„Diplomatenroman" findet sie nach
Deutschlaitd zurück, und die geistvoll
betrachtende und kombinierende Gesandtensrati
gibt hier frei schaffend ein ungeschmeicheltes Bild
der Mächte und Ströimtngen, die vont Auswär
tigen Amt aus die internationale Politik Deutsch
lands beeinflussen. Bott vielett Fahrten nach man
cher Herren Länder — die Baronin von Heykiitg
war im diplomatischeit Dienst mit ihren: Gatten in
Indien, in Mexiko, in Serbien und in Aegypten,
Bildnis Bettina v. Arnims,
der Großmutter der Baronin von Heyking,
aus dem Goethe - Zimmer auf Schloß Grossen.
in dei: Vereinigten Staaken, in China und in Ham
burg für Jahre oder Monate zu Hause — haben sich
dieDichterin und ihr Gemahl jetzt nt ein wirtliches
Zuhause zurückgezogen, in das Schloß Eroffen bei
Gera, das eittem Ahnherrn der Baronin, dem Gra
sen Heinrich Fleming schott gehörte, einem Feld
marschall und Minister Augusts des
Starken. Ji: diesem Barockpalais, das
ltoch Reste atts viel älteren Tagen aük
weist, einen Steinturm atis der Zeit der
Kämpfe zwischen deutschen Königen und
Slawen uitd das Kreuzgewölbe einer
uralten Galerie, finden sich, von den
jetzigen Bewohnern mit Glück und Fleiß
zusammengetragen, exotische Kostbar
keiten aller Art, chittesische Raritäten,
Brotrzen, Lackschränke, Stickereien,
fremdartige Götter- uitd Tiergestalten.
Da ist das prachtvolle chinesische Ar
beitszimmer der Baronin, aberauch ein
Goethezimmer ettthält das Schloß. Und
wett:: matt verrät, daß Bettitta vott
Arttim, das sprühende, fabulierende,
ewige „Kind", die Großmutter
von Elisabeth von Heyking und
von Irene Forbes-Mosse, ihrer
mchfälls dichterisch hochbegabten Schwester,
war, so ergeben sich für das schöne Grei-
sinnenbild Betüttas und für das Porträt
von deren Mutter Sophie Laroche, Goethes
holder Freundin, berechtigte Plätze an den
Wättdcn dieses Schlosses, wo die Tradi-
iiottett der Familie bei den Nachkommen
so treu gehalten werden. Elise Münzer.