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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 14
aus
: Preußische Lehrerzeitung , 1931
Der deutsche Dichter Achim von Aruim
Zu seinem 100. Todestage am 21. Januar
Von F. A. Zimmer, Zwickau
Im Irrgarten und Zauberwalde der Romantik, wo
der tiefe, klarkühle Brunnen der Lieder unseres Volkes
raunt und singt urtd die duftenden Veilchen seiner Märchen
stehen, schlummern im Schatten unter saftstrotzenden
grünen Zweigen und üppigem Laubwerk, in das prächtige
Traum- und Wunderblüten ihre Süße mischen, die Dichte
der Blauen Blume den Schlaf ihrer bruchstückhaften Un
sterblichkeit. Es find stille Gräber, umrankt von roten
Heckenrosen und zitweilen noch überleuchtet von goldener
Herzensschrift.
Ueber einem dieser Gräber steht der Name Achim
von Arnim.
Dieser brandenburgische Edelmann und Gutsbesitzer
aus der Uckermark ist unter dem oft allzu leichten und
tosen romantischen Völklein eigentlich die einzige gut
burgerliche Gestalt gewesen: stet und gefestigt und in sich
gegründet, so ganz im Gegensatz zu seinem Schwager und
iuchterbruder Clemens Brentano und dessen Schwester
Bettine, der „Sibylle der Romantik", diesem „Kinde" und
„Amalgam von Ariel und Puck", wie sie Scherr genannt
bat, und die Arnims Frau war. Er ihr Mann, blieb bei aller
Phantasiefülle doch verstandeskühl, war ernst und willens
stark, ehrbewußt und sittenstreng, ein Patriot und guter
Gatte und sorgsamer Hausvater von sieben Kindern.
„Durch und durch norddeutsch" hat die Geschichtsschreiberin
der Romantik, Ricarda Huch, gesagt, und Josef Görres
nennt ihn in seinem schönen Nachrufe „wacker in jeder Ge
sinnung", und er rühmt „sein edel und treu verlässig
Wesen".
Auch als Dichter stellt Arnim unter den Romantikern
une tüchtige, starke Poetennatur vor. Er hat seine früh
nutterverwaisten Kinderjahre bei der Großmutter in Berlin
am heutigen Pariser Platz und am Brandenburger Tor,
nn Tiergarten und Unter den Linden verlebt: er ist Stu
dent im forschen Halle und lebenslustigen Göttingen ge
wesen: der schöne Jüngling Arnim, den uns das herrliche
Bildnis von Ströhling zeigt: Jung-Goethe-schön wie auch
sein Freund Clemens Brentano, hat eine goldene Zeit im
Freundeskreise in Frankfurt und Heidelberg verlebt; er
hat das Erlebet! großer Reisen gehabt nach Süddeutsch-
land und der Schweiz, nach Oberitalien und Frankreich,
nach England und Holland, aber „die Blume des Lebens
blüht nicht in Arnims Schriften", sagt Ricarda Huch. Er
war Traumdichter, Romantiker.
Einen erstaunlichen Reichtum birgt sein Schaffen,
ist stattliche Bände haben Bettine und Wilhelm Gritnm
gesammelt (Berlin 1839), und diese „Sämtlichen Werkes
sind noch „von erreichbarer Vollständigkeit weit entfernt".
Aber sie enthielten doch zu viel auch des Unfertigen und
Unwesentlichen. Mit einer Stiftung von Arnims Nach'
kommen ist dann 1911, stiftungsgemaß 20 Jahre nach des
Dichters Tod, zum 130. Geburtstage die schöne, vortreff
liche dreibändige Ausgabe durch Reinhard Steig im Insel-
verlage ermöglicht worden, und sie stellt wirklich die gute
und sehr billige Volksausgabe dar, der es beschieden sein
müßte, wie ihr Herausgeber ant Schlüsse seiner Einleitung
sagt, „im Sinne des Stifters wirklich den Weg zum
Herzen unseres Volkes zu finden und das Gold echter
Poesie, frommen Sinnes, reiner Vaterlandsliebe und edler
Menschlichkeit überallhin zu tragen, wo Deutsche wohnen
und zur Arbeit aus dem Quell deutscher Dichtung sich
starken".
. Denn es gibt einen gewiß nicht großen, aber auch
Nicht unwesentlichen Kreis, der in Achim von Arnim den
„deutschesten der deutschen Dichter" sieht.
Was aber ist in unseren Tagen von seinen Werken
noch lebendig? '