aus : Hamburger Nachricht
en, 1901, Jun. 19
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 9
aus
y . Tin eifriger Hörer Hermann Grimm'»
^theilt dem „B. Tgbl." einige persönliche'El'lUttrkkM-
gen mit: Grimm führte in feinem Colleg mit einem
Seioptckon Reproduktionen der Bilder vor, die er
besprach. To zeigte er uns in seinem berühmten
Raffael-Colleg einmal die Madonna della Sedia.
Um uns das Lebenskräftige dieses Werkes recht vor
Augen zu führen, sagte er nnter Anderem: »Metue
Herren! Ich habe so den Eindruck, man »riecht
ordentlich den Jungen."
„Wenn man zu einem klaren Urtheil über ein
Bild kommen will," — so leitete er eines Tage»
sein Colleg ein — „dann zeigt man eS seinen
Freunden. Aber da habe ich auch mal eine üble
Erfahrung gemacht. Man wollte von mir eines
Tages wissen, ob ein mir vorgelegte- Bild ein
»echter Raffael" sei. Ich hielt'» dafür, fragte aber»
ohne meine Ansicht in -•
sücerer. Der sagte mit offen und ehrlich: „L>er
muh ein großer Ochse sein. der da» für'n Raffael
hält." ^ w
Eine eigene Auffassung hatte Grimm vom Frauei>
studium. Gegen Ende de- Semesters wandte er sich
gegen die Hörerinnen: „Meine Damen! ES war ia
ganz nett von Ihnen, daß Sie immer pünktlich
hier sich einfanden, aber im nächsten Semester muß
ich Sie bitten, fernzubleiben, da will ich mit »lernen
Studenten Dinge besprechen, die nicht sür Ihre
Ohren taugen." /w
Noch eins. Es war bei den Medizinern (denen
der Schreiber dieser Zeilen auch angehört) HU«'
da» Grimmsche Colleg zu „schinden." .Als Ent-
schulvigung mag angesührt werden, daß wtr ver
eigenen Fakultät genug zu entrichten hatten, -ww
bildeten aber den größten Theil der Zuhörerlchasr.
Das wußte der alte Veheimrath, und so benutzte er
einmal einen Kritikerstreit, der zur Zeit Gegenstand
lebhastcr Erörterungen in der Presse war.
Herren! Da streiten sich die Leute darüber, ob g
die Gedanken von H als die eigenen verbreiten darf
oder nicht. Nun, meine Herren, ich bin dann Ntchl
engherzig. Mögen Sie meine Gedanken ruhtg zu
den Ihrigen machen, und zwar nicht nur dre drei
Herren, die hier rite belegt haben, sondern auch
Sie, meine Herren," — und damit zeigte er cuH
uu» — „die Sie uns durch Ihren „regelmatztgen
Besuch erfreuen." ~~ mm
Berliner Borsen-Cfourier, 1
901, Jun. 19
r
ftn!w Crnmn ’ 111 m ' & Leichenbegängnis;
KJ morgen-MMMttng fünfeinhalb Uhr in der
8L ^ Matthäi kirch Hofes in der Groß-
enstrane Hatt. Der feinsinnige Kunst- und
uuiiirljiiiotto wird auf demselben Friedhof ruhen,
^'0'" Vüter und sein Onkel, die Brüder Grimm.
* K\ dluch sonst haben dort viele berühmte
Männer ihre letzte Rnheslätte. so z. B. der Geschiäit-
ichreiber von Raunter (y 1859), der Kunsthistoriker
’s "'ovv 1 * /" 18°8), der Pädagoge Diesterweg (1' 1866),
der Maler Gustav Richter (f 1883), dessen von Reinbold
geschastene Büste dort von einer vornehme»
GTSSl5 st 5fS® r » ,t ^ Mr umgebe.! ist. Auch Professor
der Entdecker der Spectralanalyse.
der ^ M^Der Kliniker Frerichs.
riker sVim-hKü ® r K n besonders geschätzte Histv-
L«. siud °us dem
Gisela aeb vn,. Absetzt. — Gnmm, dessen Gattin
begangen^ war 1889 im Tode voran-
hinterläßt keire K,^de^^'«!ähriger glücklicher Ehe).
Heirathete S ch w e st J r ' v.^’J^ru nur eine unver-
dw bei ihm wohnte.