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eue Freie Presse, Wien, 1901, Juri. 2.?
”"$17 Leichenfeier Hermann Grimm's.
, (Telegramm der „Neuen Freien Vresse".)
' . Berlin, 21. Jum. Hermann Grimm ist gestern Nach
mittags auf dem St. Matthäi-Kirchhof rmter^großer Betheiligung
der Gelehrten- und Künstlerwelt zu Grabe geleitet worden. Den in der
Capelle aufgebahrten Sarg schmückte eine Fülle kostbarer Kränze,
zu Füßen derjenige, den die Kaiserin sofort nach dem Hin
scheiden des Gelehrten am Sterbebette hatte niederlegen lassen.
Bei der Trauerfeicr ließ dieselbe sich durch Kammerherrn
v. M ü l i n c n vertreten. Im Aufträge der G r o ß h c r z o g i u
von Baden überbrachte Dr. v. Ich g e nt st n n ein kostbares
Blnmen-Arrangement. Weitere Kränze trugen die Widmung der
philosophischen Facultät, der Studireuden der Kunstgeschichte, der
Kasseler Grimm-Gesellschaft, der Berliner freien Studentenschaft
and von Ernst und Marie v. Wtldenbruch. Namens der
Goethe-Gesellschaft zu Weimar überbrachte Professor Erich
Schmidt eine prachtvolle Blumenspende. Geheimrath S u p a h n
legte euren Kranz im Aufträge des Gdeche-Schiller-ArchivS
nieder, zu dessen Freunden, Mitleitern und Mitarbeitern der
Verstorbene gezählt hatte. Staatsminister Dr. Stndt erschien
Persönlich, um dem Heimgegangenen Gelehrten die letzte Ehre zu
erweisen. Die Universität vertrat der Rector Professor Dr. D.
H a r n a ck, der sich mit dem zuständigen Decan und zahlreichen j
Professoren aller Facnltäten eingefunden hatte. Die Studireuden !
der Universität hatten sich mit dem umflorten Banner vor der
Capelle aufgestellt. Auch die Burschenschaft „Arminia", der Aka
demische Historische Vercm und der Akademische Turnverein waren
mit Fahnen erschienen.
Die Gedächtnißrede hielt Professor Scholz. In warmen
Worten zeichnete der Redner Wesen und Art des Todten. Grimm
war nicht von Anbeginn der Lebensweg geebnet. Mit Vater ltub
Dheim hat er erst die Wege des Exils wandern müssen, bis für
Beide der Weg frei war. „Preußen ist u t e größer
gewesen als damals, wo cs der Freiheit der
Wissenschaft die Thore öffnete." ...„Grimm
suchte die reinste Offenbarung und die höchste Ewigkeit in der
Kunst. Für ihn war Michelangelo die Warte, von der aus er
rückschauend nach Homer und vorwärts auf Goethe blickte. Mit
ihm ist einer unserer größten Humanisten hingegangen, einer voni
Schlage der Hutten und Sickmgen." u .