© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 6
des Gotteswortes bedürftige Kinder statt, wozu die Kosten
durch die sogenannten Blbelpfennige aufgebracht werden, welche
bei den sonntäglichen Kinderandachren in den ausgestellten
Büchsen sich ansammeln. Dieser feierliche Akt wurde durch
Gesänge von Zöglingen der Elisabethschule eingeleitet. In
derselben Anstalt fand am Dienstag mit dem Schluß der
Schule die Censur sta'.t, wobei die fleißigen Schülerinnen der
verschiedenen Klassen mit Prämien bedacht wurden, welche
Tages vorher von der erhabenen Protektorin der Anstalt, Jh-
rer Masestät der Königin, zu diesem Behufe huldreichst über
sandt worden waren. Am Mittwoch war Censur im Gym
nasium und der Realschule, so wie am Abend dieses
Tages Bescheerung an arme Kmder im Saale des
Friedrich - Wilhelms - Gymnasit, welcher Mühe sich seit
Iabren Oberlehrer Jacoby mit Hingebung unterzieht.
Schon vierzehn Tage vorher hatten die kleinen Vorschüler,
so wie die untern Klassen des Gymnasiums und der Real
schule, was sie an Kleidungsstücken, Spielzeugen, Bilderbüchern,
u. a. Gegenständen der Art entbehren mochten oder gern weg
gaben, eingeliefert, um davon über 250 Kindern armer Eltern
eine kleine Wechnachtsfreude zu bereuen. Diese wurden un
ter Gesang, von Schülern der Realschule unter Leitung des
Prn. Colverg ausgeführt, bei ihrem Eintritt in den hellerleuch
teten Saal empfangen und nach Maaßgabe des Vorhandenen
bedacht. Auch an Geldbeiträgen batte eS nicht gefehlt, wovon
theils der übliche Weihnachiszubehör an Rüssen, Aepfeln und
Pfefferkuchen für die Beschenkten eingekauft. theils Fleisch,
marken für deren Eltern ausgegeben wurden, um denselben
zum Feste eine kräftige Fleischspeise zu sichern. — Am
Donnerstag fand die Bescheerung für arme Mädchen in der
Königlichen Elisabethschu e, dieses Mal in besonders würdiger
Weise, statt, indem man sich auf eine kleinere Auswahl von
Bedürfnissen beschränkte, aber denselben fast durchgehends neue
Garderobenstücke geben tonnte. Ein Christbaum schmückte
den Hauptsaal und ein transparentes Chriftusblid; die SchÜ-
lerinnen der obersten Klasse führten die Gesänge aus und
übernahmen die Vertheilung an die Kleinen. In demselben
Saale gescha, gestern Abend die Bescheerung an Arme der
Dreifaltigkeits-Parochie durch den Superintendenten Kober,
und wird nach dem Fest? eine ähnliche veranstaltet werden
für Bedürftige derselben Parochie vom Prediger Souchon.
— Von den drei Violin-Virtuosen, welche in der Winter.
Saison bisher dasKroll'sche Lokal zu einem Gastspiel be
nutzten. nimmt in gewissem Sinne Herr Rap pol di, erster
Violinist der Hofoper zu Wien, einen überwiegenden Rang
ein. Gr ließ sich am Donnerstag in Mendelssohn's be
rühmtem Concerte und in einer Concert-Polka von Voigt
hören Sein Spiel trägt durchweg das Gepräge höchster, fast
ängstlicher Solidität. Die Auffassung des Mendelssohn'schen
Concertes zeugte von eingehendem Verständniß, ächt künstle-
rischem Sinne und so natürlicher Behandlungsweise, daß
nicht an einer einzigen Stelle ein Mißgriff oder eine Ab
weichung von den Intentionen des Componisten nach.
weisbar war. Allerdings wird eine geniale selbstschöpserische
Virtuosität, welche die Zügel des Gesetzes in sicherer
Hand hält und sich dennoch in freiem, phantasievollem Schwünge
zu bewegen weiß, den schwärmerischen, wie den kecken Gedan
ken des Werkes noch einen andern Rei, verleihen können;
wir lassen uns aber an dem. was Herr Rappoldi leistete, gern
genügen, weil diese sichere Ueberwindung der Technik, dieser
gefangvolle, wohlthuende Ton. diese Nccurakesse in der Bogen-
führung und namentlich in den hohen Einsätzen, die unbe.
dingte Klarheit des Staccaio etwas unaemem Wohlthuendes
haben. Wie sehr der Spieler in seiner Richtung zu Hause ist,
bemerkten wir vor Allem im zweiten Theile des Mittelsatzes,
wo die oft nebensächlich behandelten Nachschläge, gegenüber
der Melodie, von ihm mit einer Klarheit zu Gehör gebracht
wurden, die der Stimmung des Satzes den Charakter wahrhafter
Solidität verlieh. Noch mehr fand die Weife des Spielers
in dem zweiten Stücke ihre Bestätigung. Hier hätte in der
That die graziöse Melodie mit der sie ausschmückenden, zum
Theil überraschenden Bravour kecker und fortreißender behan
delt werden können. Nichts desto weniger hielt sich der Spie
ler in den gewissenhaftesten Schranken eines soliden Künst-
lerS, dem der Ton, die Klarheit und vie Objektivität der Me
lodie über Alles geben Daß ihm ehrenvolle Anerkennung
zu Theil wurde, verstand sich von selbst; er dürfte jedoch ent
schiedenere Theilnahme beanspruchen, wenn man sein Spiel
aus richtigem Standpunkte und nicht nach verwöhntem Ge
schmacke beurtheilt.
— Bei Hrn. Streerath u Comp, ist ein Sviel erschie
nen, das der Jugend Interesse einflößen wird, weil die dabei
auf Sprüche von Schiller lautenden Gewinnstkarten zur
Hälfte bem Comit« zur Errichtung des Schillerdenkmals zu
fallen So wwd jedesmal, wenn das Spiel gespielt worden,
6 —
dem Denkmal ein Vortheil zugewendet. Es mögen sich daher
noch in Erl recht Diele durch den Ankauf betbeiUgen. ^
H « a 0 e; « b e r t ch t
Berlin, 23. Dezember. Weizen sehr fest. wenig offerirt.
Roggen loeo behauptet. Termine in fester Haltung und et
was höher. Gek. 3000Ctr. Hafer, Termine ohne Handel
R ü d ö l unverändert still. S v i ri t u s in fester Haltung bei
wemg veränderten Preisen. Gek. 20.000 Qn V ö
An heutiger Kornbörscr waren dre Preise von
SS« tjen loco nach Qucu.. getb und bunt 63—70 Thlr.
-MTHtt" MnÖ 67-73 Thlr, do. untergeordnet 58
Rogaeri looo und bei Ladungen M—54 Thlr : vr Der
49-49^-4^ Thlr. bez. u. G., h B.f prM Jam M-
^bez. u. B., 49 G.; vr. ^an./Febr. 48I-49jsbe?
SvJpSnt 9 %} ;^Iebr. März 48JH49 Thlr. bej*; vr April-
H}tr Thlr. bez.; pr. Mm/Juni 48^—48^—48^
f’robe «. kleine Gerste 36—42 Thlr
looo 25—268 Thlr; Liefkr pr. 47vfd. vr. D« 25M
Tblr. B.; pr. Dez. / Jan 25# Thlr. B ; pr. Jan / Febr
Thlr. B.; pr. Frübj. 26 Thlr. B. 5 * ® CDt ‘
Kocherbjen, Futtererbsen 51-60 Thlr. nach Qual
iV * m U, Pr \, **»• "^"2 SEilt 6e*.; vr.
5R<Vi/fw* bez.; pr. Zan./Febr. Thlr.
Tblr. bez ; pr. März-
m ®v ; vr- April/Mai 11^ Thlr. bea.
ThIr.^B ^ l0C ° d ' Lieferung pr. April/Mai 10L
, Hviritus looo ohne Faß 16# Tblr. bez.; pr Der 16#—
liäl mI
G p ß r r - W/Mai MN/Avril 16| M.
L'MaiLi^EleN i lX ' llfv U : M {/ liii
Dnember, Nachm.'^w r ^30 Mr?^(Ge-
au?letzteEDre's?a^s/o°o mir Consumgeschäft. ab auswärts
)btzie Preise gehalten. Roggen ioco unverändert ab Kö-
tstg^.derg Frühmhr etwas fester gehalten. Oel Derember 238
Mm 24#. Kaffee sehr fest. Zink ohne Umsatz
Tei-Grap-ische Korrespondenz sät SlottDf««enrsc
Hamburg, 23. Dezember, Nachmittags 2Ubr 30 Mrnnw«
SSB*f&t%l efefli A te ß W. n Ende. SchdÄE
Natrons!'Anleihe 62# Oesterr. Kredit - Aktien 82 3vrö<
Spanier 39^ lvror. Dpanter 30#. 3proc Russen 1859 62# R
Bereinsbank 98#. Norddeussche Bank 858 Dtscontol#'
London lang 43 Mk. 1% Sh. nstiri 13 mi 2%(£b bu.
SK LW nÄ ' 13m
4 c 9 Ä;4e WiS' ÄSS5
Notrrungen druckten Fonds und Aktien. Schluß. CourseStaatS-
Preußische Kassenscheine 105#. Lud-
fflt n 137 i Berliner Wechsel 105. Hamburger
Wechsel 88 B. Londomr Wechsel 1168 B Pariser Meckiel
DarmstLr^^EWechsel W. Darmstädter BaZMe^
Darmstadter Zettelbank 229. Meminaer Kredit - Aktien 73$>
^^^^.rüerKreditbmrk70 3proc. Spanier418. Ivroc. Spa
nier 31# Span. Kreditbank Pereira 484. Svan Kredit
bank v Rothschild 450. Kurhessische Loose 40& Badische
M e r 5 ^. 6mc. Metalliques 56. 4#proc. Metalliques 50.
^54r Loose 89#. Oesterr. Natronal - Anlehen 61. Oestr.-
^ ^E^Tlsenbahn - Akt. 260. Oesterr. Bankantheile 835.
Oesterr. Kredst-Aktien 192. Oesterr. Elisabethbahn 138# Rhein-
Nahebahn 44# Mamz-Ludwigsb. bittr. a. 108. Lit C 102#
Wien. 24 Dezember, Mittags 12 Ubr 45 Min Course
befWteh Neue Loose 105, 00. 5proc. Metalliques 72, 75.
Bankaktten 900. Nordbahn 188, 60.
^ Coole "5. 00. National - Anleihen 79,60. Staats«
Eifenb -Aktien-Cert. 277, 80. Credit-Aktien 210, 60 London
E' l b -a 50. Paris 49, 30. Elisabethbahn
176,00. Lombard. Eisenbahn 160,00.
Paris, 23. Dezember, Nachmltt. 3 Uhr An der Börse
wollte man wissen, daß der OonstUmivvnsl einzelnen Vor
schlägen der Broschüre: »Der Papst und der Kongreß" wi-
versprechen werde Die^3proc eröffnete unter starken Ankäu
fen zu 70, 45 und hob sich auf 70, 50. Von anderen Spe
kulanten wurde dem eben erwähnten Gerüchte widersprochen
und der Inhalt der Brochüre als von aroßer Tragweite dar
gestellt. Die 3proc. sank hierauf auf 70, 20, stieg gegen Bör-
— 7 —
^ v * Wot»fii ittih s?br fest zur Notiz, den verkehrerleichternden Nutzen dieser geistigen Scheide-
und schloß belebt und^hr münze erkannt hatte, aber. Niemanden speiste er damit ab.
senschluß auf 7u<sp uno j;:;«*1^.
Gonsols vowMtägs 12 Übt waren 95^8
Course. Apv«. Rente 70. 50. 4#vroc. Rente 9b. W. ww.
SpanterM# Oesterr. Staats-Grsenbahn-Wen 5b8.
dttmMMlktten 846. Lomb. Eisenb.-Akt. 576,
Wilhelm Grimm« m\Mm
16. Dezember, NachmtttagS 3 Uhr, tst ^uyetm
^ imm gestorben. Am Morgen des
er begraben. Er liegt auf dem^ neuen^
Der Wind wehte cisigkalt, als der Sarg dte Anhohe WJ
tragen wurde, an deren sanfte Hebmtg der neae ch
sich anlehnt. Am Grabe staden Zakob Gr mm und
beiden Söhne Wilhelms. Snethlage sprack dre^leyr n
Worte hier, im Hause hatte Nittzsch geredet. Es war em
thränenerzwingender Anblick, als ^akob fern H p
L Ä mm
^Wil'helm Gümm war 1786 «K
der Mutter und den übngen ^schwrstern na^ K ft -
er die Schule besuchte. Vom ^yahre^n n Folge emer
deftigen Krankheit, blieb seine Ge und Heck sem ganzes ^
den hindurch eine sehr zarte. Die Rücksich war
«eistentheils der Maaßstab, nach dem er sem ^
seine Arbeiten einrichtete. 1809 war er rum ersten
m Berlin. Er lebte zusammen mit mm tm ^mm,l
Jem besten Freunde, der ihm um viele 3a) ^ ^
Dre folgende Zeit verlebte er melstenS m Kassel, ^vor
verheirathete er sich 1825. GMae .^hn später gmg e
mrt Jakob nach Göttingen, verlreß drese Stadt dann ww
der mit ihm, es ist bekannt, zu welcher Znt und aus wer
chen Gründen, lebte wiederum mrt ihm tn St H....
Zeit und siedelte endlich nach Berlin über, w
geblieben ist. Die Brüder haben immer cme Wohnung,
eine Bibliothek und ein Vermögm gehabt.
Niemand aber denkt an diesen Levenswea mü dem Wech^
sel der Jahre und der Städte, wenn von W lhelm Gnmm
die Rede ist. Seine nächsten Freunde selber muffen viel
leicht erst nachlesen, wie das aufeinander folgte. .Unser
Gefühl beim Verluste eines ^Mannes, den ^ kan w
und liebten, hat wenig an sich vsn.der Kenntniß fernes
Lebens, mit welcher uns spätere Dwgraphün über' lhn
aufzuklären suchen. Wie wenige von denm,dwden Be
lust Humboldts tief empfinden und betrauern, wissen mehr
von ihm, als daß er 1769 geboren ist und nach wetten
Reisen in Amerika und Asien schlreßlich m Berlm e
größten Theil seines Lebenö zubrachte. Dre Kenntniß von
dem Wesen eines Mannes, die s?»e mrtkbMn Freunde
m sich tragen, ist kein langgestrecktes Verzeichn ß ferner
Thaten und Schicksale von Anfang an, sondern em voller
runder Gedanke von seinem Werthe, serrer Stellung/ ft
ner Kraft so lange er da war und von der Lucke, dre er
gelassen hat, nachdem er fortgenommen^ wurde.
So ward auch Bettinens und Humbold s Tod empfunden
Man maaß den Umfang dessen, was verloren worden war,
nach der Größe dessen ab. was man von nun an entbehren
mußte. Noch kein Jahr ist verstrichen, ftttdem ^dreft
Beiden gegangen find. AlS Schriftstellerin u.-.d Dichten
hatte Bettine längst zu arbeiten aufgehört als sie starb
aber als geistige Macht, als Inhaberin "nes feur geu
Auges für das Große und Schöne und hbs beredtsten
MundeS, um ihre Ansicht in Worte zu kleiden, hätte sie rr
Ewigkeit fortleben können. Als Mamr der Wissensch f
hatte Humboldt nach ^langen, ungeheuren^Arbnftn^durch
besaß ein
der Unsterblich
den Kosmos auch sinnlich seinen Thaten
schluß gegeben, er war alt, müde und
Anrecht auf die endliche Gewährung der .
keit. Niemand hätte ihn noch länger halten durftn m
diesem Leben, — aber als Beschützer aller und jeder gei-
Agen Arbeit hätte er Jahrhunderte an seiner Stelle >blei
ben müssen, auf der ihn keiner ersetzen kann. Niemand
wies er zurück, der ächte Ansprüche hatte; wo er eine Kra
erkannte, beschützte er sie. Oft speiste er die deute rat
schmeichelhaften Reden, weil er in seiner langen Ersah.ang
Er »ermittelte im umfangreichsten Maaße die Gunst, die
von der höchsten Stelle im Staate denen zu Theil ward,
die ein Anrecht darauf besaßen. Er half und griff ein,
wo cs Noth that. Er sagte seine Meinung und scheute
die Oeffentlichkeit nicht. Das war das Unersetzliche in dem
Manne, als er die Augen schloß.
Und so bei Wilhelm Grimm: waö wir in ihm vermissen
und sehnsüchtig betrauern im Gedanken an ihn, ist nicht
der Mann, der mit unermüdlicher Arbeitskraft das Sei-
nige that zur Verherrlichung Dmtschlands. Er that ge
nug für sein Theil. Er zählte beinahe vierundsiebzig Jahre
und hatte ein Recht, sich zum Schlafe zu legen. Von
Buch zu Buche schritt er vorwärts, kein Tag ging un
genutzt vorüber. Die Kinder-Märchen, die dänischen Hel
denlieder (die er übersetzte), das Buch über die Runen, die
Ausgaben alter Gedichte, die akademischen Reden, endlich
sein Antheil am großen deutschen Wörterbuche: — alle
bilden die Blätter eines Kranzes, der ihm voll genua die
Schläfen deckt. Es wäre unbillig, zu begehren, daß ec
noch länger daran sich mühte. Auch ihm war eine Art
äußerlichen Abschlusses vergönnt. Gerade als er sich zu
einem kurzen, im Beginn so schmerzlichen Krankenlager
niederlegte, war der Buchstabe D deö Wörterbuches, den
er zuletzt übernommen hatte, vollendet; fertig ferner eine
neue Ausgabe der Märchen, die er noch in seinem Bette
betrachtete und an die Freunde vertheilte; fertia im Ma
nuskript eine neue Ausgabe des Freidank; endlich eine
Rede, die er am 15. Dezember in der Akademie zu hal
ten gedachte.
er aber voll denen, die ihm am nächsten standen, denkt
doch an all dieS anders als an Nebendinge, da es etwas
oviel Höheres giebt, woran die Erinnerung festhält. Sie
renken an feine Milde, fein: Ruhe, fein gerechtes Urtheil
und an die Freundlichkeit, mit der er sich umgeben hat wie
mit einer wohlthuenden, reineren Atmosphäre, die fast nichts
zu verscheuchen vermochte. So ist er gewesen, soweit die
lZrinnerung in seine ftühesten Jahre zurückreicht. Ein Opti
mismus der edelsten Art war ihm eigen. Ueberall, auch
in der größten Verwirrung der Dinge, suchte und entdeckte
er die Richtung zum Guten, die sie nehmen mußten. Derart
warm seine letzten Reden, die er schon halb in Träumen
Itefangen auösprach.
Er verneinte daS Schlechte so lange er konnte. Erkannte
er es offenbar, dann bemäntelte er es nicht, aber er wandte
ich fest ab, wenn es ihm entgegenttat. Mit einer wunder-
»aren Geduld schickte. er sich in das Unabänderliche. Die
Gewissenhaftigkeit, mit der er seine Arbeiten bis auf das
kleinste Wort vollendet zu machen bestrebt war, übertrug
er auf alle Gedanken in allm Verhältnissen. Und waS
Das Schönste war, allen denen, die ihm näher tratm,
wußte er diese Ruhe, dieses Behagen im Genusse des Ge
gebenen mitzutheilen. Ec hatte Freude an dem, waS er
einmal kennen gelernt. Er kehrte gern an die Oerter zurück,
die er besuchte, und ging die längst betretenen Wege wie
der. Er erfnichte gern das Andmken altgeschehener Dinge
und Verhältniffe. Mit welcher Licbe sprach er von den
Todten, die er gekannt, wie unverbrüchlich hielt er fest an
alten Freundschaften. ES war ihm eine Pietät darin
eigen, die oftmals tiefer vielleicht in ihm selbst lebendig
war, als im Herzen derer, denen er sie zuwandte. Doch er
hielt fest, wo solche Bande ihn ü üpftm und dachte seiner
eignen Wärme gemäß von allen, mit denm er so im Ver
kehre stand.
Dieser Verkehr selbst aber kann nicht beschrieben wer
den. Wilhelm Grimm war liebenswürdig im schönstm
Sinne des Wortes. Wie er in den Märchen die Poesie
des Volkes ergriff und seine Worte aufzeichnete, mit einer
Kunst, die dichterischer Natur war und die kein anderer
nach ihm erreichte, so groß auch jetzt die Ausdehnung die
ser von ihm geschaffenen Literatur ist, ebmfo ergriff er in
seinen geringsten Erzählungen die natürliche Seite der
Dinge im natürlichsten
AuSdrucke. Er erzählte gern.
Er erfüllte das Zusammensein der Menschen mit edle
rem Inhalte und trug sein ganzes Wesen in alle seine