Full text: Zeitungsausschnitte über Jacob und Wilhelm Grimm

Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z4 
Hummer 14 
r. Hprtt 1417 
„Freiheit und Form". 
3on Ifdijü SjoIIarntrm [9n$beu< b«*aten.i 
Hrnst Cassirer, in dem die Wissenden des geistigen 
:' Deutschlands längst einen der führenden Köpfe unserer 
* Zeit anerkennen, hat allgemeine Resultate seiner Denk 
arbeit in einem bei Bruno Cassirer (Berlin) erschienenen 
Buche zusammengefaßt, das er „Freiheit und Form" 
und mit seinem Untertitel „Studien zur deutschen 
Geistesgeschichte" nennt. In einer Epoche, in der bei 
nahe gewohnheitsmäßig ein Aufwand großer Worte 
vertan wird, auch wenn es sich um mittelmäßiges und 
noch so gleichgültiges Gejichreibsel handelt — kann man dem 
ernsthaften Werke gegenüber sich bewußt starker Ausdrücke 
enthalten. Denn man soll es vor der Gefahr schützen, daß 
es durch billiges und abgenütztes Lob auch nur in die Nähe 
jener Elaborate gerückt wird. die. von den Buchmachern ge 
werbsmäßig hergestellt werden und den Markt überschwem 
men. 
Der Verfasser von „Freiheit und Form" wendet sich mit 
diesem Werke nicht nur an seine gelehrten Zunstgenossen, denen 
das Sachliche und Fachliche vertraut ist, er spricht vielmehr 
zu den Gebildeten der Nation: denn die Studien zur deutschen 
Geistesgeschichte stellen den Versuch dar, ein Bild und eine 
Darstellung des gesamten deutschen Geisteslebens zu aoben, 
oder — um es schärfer auszudrücken — die Zusammenhang 
aufzudecken, die zwischen der deutschen Religionsgeschichte, der 
deutschen Philosophie und der deutschen Dichtung vorhanden 
sind, die immer wiederkehrenden Grundnwtive, die diese Rich 
tungen miteinander verknüpfen, freizulegen und dabei 
schließlich zu zeigen, wie der deutsche Staatsgedanke als 
Konsequenz dieser geistigen Richtungen nur unter dem gleichen 
Grundmotiv, der gleichen Tendenz entstehen und zur Ent 
wicklung gelangen konnte. 
Es lag nicht in der Absicht des Buches, etwa die abstrakte 
Formel von Freiheit und Form nachträglich durch die be- 
sonderen konkreten Tatsachen zu prüfen, zu erhärten, sondern 
um die konkrete Anschauung dieser Tatsachen selbst und ihres 
tzKeistrgHk Zusammenhanges handelt e8 sich für den Verfasser: 
fund nur die großen repräsentativen Erscheinungen und die 
großen resultierenden Entwicklungslinien sollten innerhalb 
seiner Darstellung chre besondere Berücksichtigung finden. Da- 
bei sollten trotz dem rein nationalen Ausgangspunkt Ziel und 
Ergebnis über die enge Schranke des Nationalen aus innerer 
Notwendigkeit herausführen, indem gezeigt wurde, daß die 
geistigen Führer Deutschlands im schwersten Kampf für die 
nationale Kultur von einseitigem Dünkel und einengendem 
Chauvinismus sich immer frei zu halten wußten. Es kam also 
nicht darauf an. die These von Freiheit und Förm in einer ab 
strakten Definition vorwegzunchmen. sondern im Sinne der 
Goethoschen Formel „Die Taten und Leiden" der deutschen 
Geistesgeschichte darzustellen. Der Verfasser könnte mit Goethes 
Worten die Zumutung zurückweisen. als habe er den höchst 
mannigfaltigen Gehalt seiner Gedankenwelt auf die „magere 
Schnur" einer einzigen durchgreifenden Idee aufreihen können 
und wollen. 
Wenn aus solcher Darstellung sich ergab, daß alle geistigen 
Glocken -er Puszta. 
0trfan fomörhrnv. [jiad&htmf »ertötend 
(Einzig berechtigte Uebertragung aus dem Ungarischen von S t e f a n I. X IH n.l 
jte Glocke ist die Zunge Gottes, der durch sie zu den Menschen 
spricht. An Werktagen in der Frühe, mittags, abends, an 
Feiertagen öfter, denn da haben auch die Leute mehr 
Zeit. Bald verkündet sie die Messe, bald die Vesper, bald 
Angelus. Mitunter Tote. Alte Tote und kleine Tote. Die 
kleinen erledig! sie leicht, die alten jedoch schwer und 
traurig. Das kommt daher, daß die Seele eines alten Toten einer 
längeren Empfehlung bedarf. Doch ist auch vom Standpunkt des 
Ansehens ein längeres Läuten erforderlich. Ist der kleine Sohn der 
Kutyurkas gestorben, dann genügt es. über die Hausdächer zu rufen: 
Gaspar Kuthurka, Gaspar Kutyurka, Caspar Kutyurka. Wenn 
aber, nehmen wir an, der alte Andräs Birü stirbt — er hat ohnehin 
schon lange genug gelebt — dann spricht ganz anders die Glocke, im 
Vereine mit dem Seelenglöckchen. Herr Andräs Birü ist gestorben. 
Gib Ihm, Mein Herr Und Gott. Ewige Ruhe. Die großen Buchstaben 
zeigen auch, wann der Glöckner die Glocke ausschwingen läßt. 
Denn aufs Glockenschwingen versteht sich nicht jeder Glöckner. 
Natürlich, alle tun es. mancher so, der andere so, aber ganz recht 
können es bl»ß wenige. Lbschon dies erforderlich ist. damit die 
Zunge Gottes zu den Menschen schön spreche. Daß es ergreifend sei 
und man verstehe was verkündet werden soll. 
Sehr berühmt war ob dieser seiner großen Kunst der alte Jstvän 
Diüsi. besten Ruhm auch heute noch lebt. Er war ein frommer Mann. 
wurde auch vom Tod im Turme betroffen, am JstvänSmarkt. Da 
dies ein großer Markt war, trank Jmre Tühi-Tüth viel Wein und 
las aus diesem Grunde in der Schenke die Zeitung. Die in der 
Zeitung gelesenen Dinge erbosten ihn gegen die Slowaken. Er hatte 
nämlich gelesen, daß die Slowaken gegen das Vaterland Hetzen. 
„Leute!", schrie Jmre Tahi-Töth und schlug zwei Flaschen vom 
Tisch. 
„Na«", sagten die Leute. 
Tahi fegte abermals zwei Flaschen vom Tisch. 
„Erschlagen wir den Leinwandslowaken/ 
Und die Leute verfügten sich auch schon auf den Markt, um den 
Lcinwandslowaken zu erschlagen. Gut. daß der gnädige KDnig im 
Dorf Zeinen Gendarmerieposten errichtet hatte, denn sonst hätten sie 
den Slowaken tatsächlich erschlagen. Doch die Gendarmen ver- 
^llten den Leuten den Weg und schossen in die Lust. Nun, ja, doch 
Strömungen wie durch geheimnisvolle und doch gesetzmäßige 
Fügung zu einer Synthese von Freiheit und Form führten, 
o war der Titel gerechtfertigt und die Aufgabe des Buches er- 
üllt. 
Es gehört zum Kennzeichen des schöpferischen Geistes, daß 
er nicht nur die neuste Aufgabe, die er sich gestellt hat, löst, 
sondern daß aus dem Komplex seiner Darstellungen sich in 
direkt noch weitere Resultate ergeben. Denn das ist der tiefe 
Sinn wahrhaftiger Produktivität, daß sie über ihre Absicht 
hinaus noch ungeahnten Reichtum offenbart. 
Nach den beiden angedeuteten Richtungen hin bedeutet 
Cassirers „Freiheit und Form" eine Erfüllung. 
Die Geschicke der deutschen Geistesgeschichte kommen zur 
Darstellung, und parallel mit diesem Endzweck gehen neue 
Methoden und Erkenntnisse, die in der Fülle ihrer Anregungen 
fruchtbar werden müssen. 
Für denjenigen, der zu lesen versteht, sind die Taten und 
Leiden der deutschen Geistesgeschichte von einer aufwühlenden 
und erregenden VelMwnz, von einer geistigen Spannkraft, 
die keinen Augenblick nachläßt, von einer erschütternden 
Dynamik, von einer inneren Tragik und von einer beglücken 
den Prunktivität. deren Lebendigkeit von der schöpferischen 
Vergangenheit bis in alle schöpferische Zukunft hineinragt. 
Die großen Repräsentanten des deutsclzen Geistes treten vor 
uns hin. Ihre Physiognomien sind so scharf gezeichnet, von 
solcher Lebensfülle, so blutvoll lebendig, daß sich ein unmittel 
barer persönlicher Kontakt einstellt. Und dies wird erreicht, 
ohne daß das geringste biographische Material herangezogen 
wird. Wenn der Verfasser an einer Stelle des Buches sagt: 
Wie von der Natur so gilt von der Entwicklung des Genies, 
daß sie in ihrem „lebendigen Fließen" nicht auf Tag und 
stacht und Stunden angewiesen ist es bedarf daher keiner 
Rücksicht aus das biographische Detail und auf den äußeren 
Lebensgang, um zu den eigentlichen Wurzeln der Goetheschen 
Form vorzudringen —, so gibt er damit eines seiner parallel- 
lausenden Resultate und zugleich die Richtschnur seiner Arbeit 
an. Aus den geistigen Handlungen, ans dem „Tun", aus 
dem Spirituelle ist datz Genie zu erfassen, zu begreifen — 
nicht aus den platten Realitäten des Daseins. Gegen wen die 
scharfe Spitze dieser Sätze sich richtet, ist ersichtlich, aber im 
Zusammenhange des Werkes an und für sich gleichgültig. 
Die konsequente Methode Cassirers führt jedenfalls dazu, 
daß die Charaktere, die dem deutschen Geistesleben ihr Gepräge 
geben. losgelöst von ollen bürgerlichen Begleit 
umständen,' die häufig mehr verwirren als entwirren. Und so 
entsteht ein reines Bild der geistigen Entwicklung unseres 
Volkes, eine Totalität von einer Wucht und Größe, die ergreift 
und bis ins Innerste bewegt. HLer diese Darstellung als ab- 
strakt empfindet, aus der primitiven Anschauung heraus, daß 
sie daS Menschliche verkürzt, der steht freilich dem Begriff des 
Symbolischen, wie Goethe ihn gefaßt hat, so fern, daß sich jede 
Auseinandersetzung erübrigt. 
Für den anderen aber wird — um nur ein Beispiel an 
zuführen — aus dem dargestellten Glaubens- und FreiheitS- 
begriff Luthers, für den seine Zeit so empfänglich und vor 
bereitet war. das persönliche, sinnenfrohe, auf Wirkung gestellte 
Temperament des Mannes ebenso durchleuchtet, wie etwa im 
Gegensatz zu ihm die geistige wie seelische Einsamkeit 
Leibnizens aus dem neuen Ideal der Vernunfterkenntnis, 
das er aufgerichtet hatte, sich erhellt. Die unmittel 
baren Wirkungen des einen — die Konflikte des anderen 
werden begriffen. Hier entzündet sich dank der Ver 
flog eine Kugel in den Turm und traf den Jstvän Diüsi in den 
Kopf, woraus zu ersehen ist, daß auch Gottes Haus nicht genügenden 
Schuh gegen die bewaffnete Macht bietet. 
So steht es um die Sache im Dorf, wo der Zustand noch ganz 
herrschaftlich ist. Dort hat Gottes Zunge eine schöne Wohnung. Einen 
hohen Turm. Dessen Dach ist rotgefärbt, darüber auf einem 
Messiugfah ein Kreuz. Ein recht großes Faß ist das. Schaut bloß 
von unten so klein aus. In Wirklichkeit hat ein ganzer Mensch 
darin Platz. Wer in der Demetriusnacht hineinkröche, verstände die 
Sprache der Vögel. Der Turm ist von draußen weiß 
getüncht, und innen führen Holztreppen zu ihm hinan, doch 
muß man eigentlich gar nicht zur Glocke hinaufsteigen, denn 
die Stricke reichen dienstfertig bis zum Chor. Und von 
dort kann inan auch gleich mit dein Herrn Lehrer singen. ,Eine 
feste Burg . . . Und wenn die Glocke geschwungen wird, da steigt 
auch das Läuten geschwungen in die Höhe, über die Dächer, Wolken 
dahin. Und Vix'O auch erhört, sicherlich. 
Der Glöcknerposten ist aber auch nicht zu verachten. Hieß es doch 
auch schon bei den alten Römern. eS ist besser, erster Glöckner zu sein, 
als zweiter Schulze im Torf. Er wird von allen gegrüßt. Mit dem 
Herrn Hochwürden steht er auf freundschaftlichem Fuße. Zieht bei 
ihm den Wein ab. und bei solcher Gelegenheit ist des Glöckners Ge 
sicht rot, und er schwingt dre Glocke wundervoll. Doch nehme ihm 
dies niemand übel. da er ansonsten sehr fromm ist, dementsprechend 
um den Hals ein langes schwarzes Seidentuch trägt, was seinem 
Kopf eine gewisse traurige Haltung verleiht. Ten Schnurrbart hat 
er nicht nach oben gedreht, dieser hängt hinunter, und dies hebt ihn 
hinwiederum völlig auf die Höhe der Frömuügkeit. 
So ist cs im Dorf. Zwischen den Gehöften aber geht es ganz 
anders zu Tort gibt es weder einen weißgetünchtcn Steinturm noch 
viele Glocken. Und sie hängen auch nicht zwischen feierlichen Mauern, 
sondern von einem hölzernen Glockenstiihl neben einer Hütte, uud 
eigentlich könnte jeder an der Glocke ziehen, doch wurde dies mit der 
Zeit zu einem erblichen Amt. Bei uns zum Beispiel versorgt der alte 
Teräz Muh, das Volk mit Glockenläuten. Ein strammer kräftiger 
Mann ist Teröz Muha (er hatte seinerzeit m der Taufe einen 
Mädchennamen bekommen, damit er nicht zu den Soldaten müsse), 
und der Glcckcnstuhl steht neben seinem Anwesen am Straßensaum. 
Von dort-erhebt die Glocke ihre Stimme für die Umgebung, weit da- 
hinklingeud über die braunen Dächer der niedrigen Pnsztahäuser. 
Auch Mt.ha versteht sich aufs Glockenschwingen. Wenn er auf 
dem Felde arbeitet und jemand von den Hanslenten statt seiner 
läutet, beginnt er mit der Haue zu schwingen, selbstverständlich bis 
Lruck und Verlag: 
Oudotk Molle. Gerl!« 
m 
starkes 
eht ein 
Vermittlung 
einer Gelehrtennatür weiter gegeben und dabei zugleich — dies 
ist Leibnizens posthume Tragik — um ihre originalste Leistung 
zunächst wenigstens geprellt tvird. Und wie das Porträt von 
Luther, von Leibniz entsteht, so tauchen in greifbarer Plastik 
die Gestalten von Lessing. Hamann und Herder auf — und 
aus dem Freiheitsbegrist Schillers mit seinem jugendlichen 
Motto In tyrannos hebt sich mit erstaunlicher Lebendigkeit die 
ganze spätere Entwicklung des Dichters heraus, der auf dieser 
Grundlage sein poetisches Schaffen und sein politisch-ästheti 
sches Ideal auszubauen und zu einer in sich geschlossenen 
menschlichen Einheit zu gestalten vermochte. 
Die beiden großen Pole des Werkes aber sind Kant und 
Goethe. Kant ist cs, der den Konflikt zwischen Freiheit und 
Form zum Austrag bringt, und zwar im Prinzip der Auto 
nomie. „Das vernünftige Wesen rnuß sich jederzeit als gesetz- 
gebend in einem durch Freiheit des Willens möglichen Reiche 
der Zwecke betrachten." 
Durch ihn erhält die. von der deutschen Geistesgeschichte 
ersehnte Synthese von Freiheit und Form ihre letzte gedank 
liche und philosophische Prägung. (Schlich folgt.) 
(lemens Srentano V 
und Sie örü-er Grimm. 
Von Karl Georg SVrndrlnrr. 
ilüchtig zieht das sieben Brentanos an uns vorüber. Das 
■ Jugendlich-Leuchtende seiner Persönlichkeit, wie es im 
„Frühlingskranz", ben Bettine ihm geflochten hat, 
erstrahlt, findet hier keinen Ausdruck. Ein Mensch, der 
immer eine Idee um einer daraus folgend«! besseren 
nicht mehr schätzt und dessen letzte Idee so wenig 
als die letzte Welle am Ufer ankommt, ein 
unsteter Geist, der ihn treibt und der ihm dennoch nirgends 
Ruhe verspricht. Im Anfang quält die Geschichte seiner un 
glücklichen Ehe. am Ende sein Versinken in Mystik und Fröm 
melei. „Ich habe keine Freude an nichts mehr in der Welt". 
stöhnt er 1809 beim Gedanken an Arrguste Bußmonn, und sechs 
Iayre später zieht er dieses Fazit seines Daseins: „Mein ganzes 
Leben habe ich verloren, teils in Sünde, teils in falschen Be 
strebungen^ Der Blick ans mich selbst vernichtet mich, und 
nur, wenn ich die Augen flehend zu dem Herrn aufrichte, hat 
mein zitterndes, zagendes Herz einigen Trost." t 1817 erzählt 
Arnim, daß der Freund sich bekreuzigt und beichtet und sich 
anstellt wie ein bekehrter Sünder. 1818 erschien in der „Wün 
schelrute" die erste Nachricht über die Nonne von Dülmen, 
Katharina Emmerich. Brentano fuhr sofort zu ihr. verkaufte 
1819 seine kostbare Bibliothek alter Drucke und Handschriften 
und lebte bis zu ihrem Tode 1824 in Dülmen, bestrebt, die 
Offenbarungen und Visionen der Nonne auszuzeichnen. Die 
anschaulichste Schilderung des alternden Dichters gibt uns 
Ludwig Grimm in seinen schönen „Erinnerungen aus meinem 
Leben". (Verlag Awr Hesse, Leipzig.) Sein Bild Brentanos 
aus dieser Zeit, der Dichter in der Mönchskutte, vor ihm die 
Bibel, umgeben von einer Madonna und einem Kruzifix, 
schmückt den vorliegenden Baud. 
■ot-httimiii 
er dann innehält. Denn während des Lüntens richt jede Arbeit. 
Der Hut wird vom Kops genommen. und die Sonne scheint auf die 
unbedachten Schädel nieder. Ai,ch die Mädchen lassen beim Mais 
brechen das Necken. Und den Weg daher kommt ungeschnriert der 
Karren des Laos Felemäs. des Wandcrbettlcrs der Puszta, und sein 
Knarren verkündet, es komme der Laos. Und wenn daS Knarren 
erstirbt, tönt ans dem Karren das Singen des Laos Felemäs her 
über: O Heiland, reiß die Himmel aus! Herab, herab vom Himmel 
laus! Brich Schloß und Riegel, tritt hervor, o Heiland aus des 
Himmels Tor! . . . 
Wer aber zusammen mit dem Mihäly Süb arbeitet, entfernt sich 
weit von diesem. Mihäly Süb ist gottlos. Der Teufel wohnt in 
ihm, sagen die Melber. Dies mag schon wahr sein, kann aber 
dennoch nicht mit Bestimmtheit behauptet werden. Hingegen ist es 
Tatsache, daß er lange als Soldat beim Train gedient hat, und 
daraus ist er höchlichst stolz. Er sagt, die vom Train seien die allcr- 
Leute der Welt, auch der Prophet EliasHabe zu ihnen gehört 
ist V» doch auch nuf einem feurigen Trainwagen in den Himmel ge 
fahren. Doch spricht Mihäly Süb ganz vergeblich, denn cs hört 
niemand ans ihn. Als Antivort aus seine lästernden Reden schlagen 
sie ein Kreuz und sagen: 
„Herr, laß Gnade walten, strafe uns seinetwegen nicht." 
Feiertag — das ist etwas Märchenhaftes. Feiertag. Flügel haben 
da die Worte Gottes, große weiße prachtvolle Flügel, auf denen 
sie durch den Raum schwingen. Die Blätter der Bäume zittern. 
Tie hohen schlanken Silbertannen nicken dem Läuten zu: O komm, 
Bote des Herrn. Die Kelche der weißen Lilien nicken ebenfalls, und 
die Hunde bellen nicht. Feiertag, Feiertag, Feiertag. Alles schön 
und strahlend. Der Himmel klar blau und die Sonne blickt milde ans 
die grüne Unendlichkeit der Ebenen. Die Tauben putzen sich und 
gehen geruhsam unter der Falle spazieren, denn heute tut ihnen 
niemand ein Leid. Aus dem Schornstein steigt der Rauch senkrecht 
aus, in die Höhe. Der Akazicnbanm bewegt zimperlich die Blätter. 
Vom Fahrweg her tönt das Rasseln der Wagen ganz feierlich. 
Teröz Muha sitzt unter dem Maiilbeerbaum und liest mit lauter 
Stimme der Familie aus dem Heiligen Buch vor: 
47. Da kam Judas, der Zwölfe einer, und mit ihm eine große 
Schar mit Schwertern und mit Stangen, von den Hohenpriestern 
und Aeltesten des Volkes. 
48. Und der Verräter hatte ihnen ein Zeichen gegeben und ge- 
sagt: Welchen ich küssen werde, der ist's; den greifet. 
Darob wird jeder traurig, und der letzte Ton der klonen Neberi- 
glocke schwingt flatternd, klingend über die Puszta dahin. _
	        
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