© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z4
aus : ? ,1843,^eb.24
Berlin, den 27 Februar.
Am 24 d., als am Geburtstage Wilhelm Grimms,
hatten sich seine Zuhörer unter dem Anschluß vieler
anderen Studireyden vereinigt und brachten dem
theuren, vielgeliebten Manne und seinem edlen Bru
der Jacob ein Ständchen. Ein kräftiger Manner-
Ehor begann mit dem Liede: "Masist des Teutschen
Vaterland?" Es schloß sich das Lied daran: ''Frei
heit, die ich meine, die mein Herz erfüllt." Stack
diesem kamen drei Studirende als Sprecher herauf
§u den Gefeierten und übergaben ein auf Pergament
tu sauberer Schrift geschriebenes Lied, diese Huldigung
cinleiteitd mit herzlichen Morten inniger Verehrung
und Liebe. Jacob Grimm trat auf den Altan und
sprach in tiefer Bewegung unter lautloser Stille
Morte des Dankes.und der Liebe zu den Studiren-
den: ''Menu ein Baum — sagte er unter Anderem —
aus seinem Boden genommen und in ein fremdes
Erdreich gesetzt werde, so bedürfe es einiger Zeit, ehe
seine Wurzeln sich befestigen und zu neuer Kraft
Nahrung gewinne; zwei Mal sey es mit ihnen so
gewesen. Die Liebe und das Vertrauen der Zugettd
habe keinen geringen Antheil an der neugewonnenen
Kraft." Er schloß damit, daß es ihn tief rühre, daß
man den Tag zu dieser Feier gewählt habe, an wel
che!:: sein Bruder, das theuerste Kleinod seines Her
zens, geboren sey. Diese einfachen, aus dein tiefsten
Herzen gesprochenen Morte machten einen unaus
löschlichen Eindruck und bezeichnen die schöne glück
liche Eintracht des brüderlichen Zusaminenlcbens der
ehrenwerthen biedern Männer, von denen Friedrich
v. Raumer so treffend sagte, da st sie ihrer Gesinnung
das geopfert haben, wofür so viele Andere ihre Ge
sinnung opfern. Hierauf sprach Wilhelm Grimm;
im dankbaren Gefühle wiedergewonnener Kraft und
Schönheit erwähnte er, wie er vor einen: Jahre als
ein kranker, kraftloser Mann dagelegen habe. Jetzt
seyen Heiterkeit und Kraft und Gesundheit wieder da
und treu wolle er in deren Besitz fortwirken, daß der
Jugend ihr Theil davon werde u. s. w. Es wurde
ein nochmaliges Lebehoch den geliebten Brüdern ge
bracht, auf ein viertes Lied folgte das Gaudeamus
igitur und so schloß die herzliche Feier, die alle Her
zen itmig bewegte und gewiß als eine schöne Erinnc-
rung im Gedächtniffe bleiben wird. ffvoss. otg.)
Der König bat in Betreff der genauen Beobach
tung der über den Verlust des Adels bestehenden Vor-
schrnten nachstehende Eabinetsordre an das Staäts-
minlstcrium erlassen: "Da der vom Staatsrathe be
rathene Entwurf des Strafgesetzbuches, durch welches
die aus den mangelhaften Bestimmungen der bis
herigen'Gesetze hinsichtlich des Verlustes der Ehren
rechte, namentlich des Adels und derNational-
Eocarde, hervorgegangenen Ucbclstände vollständige
Abhülfe erhalten werden, schon bei den nächstens zu
sammentretenden Provinzial - Landtagen Zur Begut
achtung vorgelegt werden wird, so bin Ich mit der
Ansicht der Majorität des Staatsministeriums: daß
von Erlassung einer besonderen Verordnung über
diesen Gegenstand abzusehen sey, um so mehr einver
standen, als derselbe zu denjenigen Gegenständen des
Strafgesetzbuches zu zählen ist, worüber die Stände
vorzugsweise mit ihrer Erklärung zu hören sind,
andererseits aber nach späteren Beschlüssen des Staats
raths der Verlust der Ehrenrechte auch nock in an
deren Fällen als bei der Verurthcilung zur Zucht
hausstrafe oder Cassation eintreten sott (§. 35 des
Entwurfs), was ein tiefes Eingehen in die einzelnen
Materien nothwendig macht- Ich will demnach den
vorliegenden Gesetzentwurf auf sich beruhen lassen,
ledoch Sie, den Justizminister Mühler, anweisen, den
Gerichten die genaue Beobachtung der über den Ver
lust des Adels rö. bestehenden Vorschriften einzu
schärfen. Berlin, 2 Febr. 1843. (Gez.) Friedrich
^Dilhelm." Auf Grund dieser allerhöchsten Ordre
werden nun sämmtlichen Gerichtet: die bereits be
stehenden landrechtlichen und anderen dahin einschla
genden Bestimmungen einzeln aufgeführt. Nachdem
aufgeführt worden, daß durch richterliches Erkenntniß
der Adelsperlust ausgesprochen werden solle, heißt
es, es folge aus den Bestimmungen nicht, "daß die
Adclsentsetzung nur in diesen Fallen (Duell, Hoch
verrath, Landesverpath, Austauern, Mord, Meineid
und Bankrott) verwirkt sey; vielmehr geht aus dem
Wesen des Adelstandes hervor, daß Handlungen,
welche eine völlige Verläugnung des Ehrgefühls oder
einen hohen Grad von Bosheit zu erkennen geben,
damit unvereinbar sind, daß daher d:e Adl-lseassation
wegen Verbrechen solcher Art vollkommen gerecht
fertigt und, wie die Fassung des oben angerührten
§. öi, Til. o, Thl. II. des allgemeinen LandrechtS cr-
gicbt, den Absichten der bestehenden Gesetze ganz ent
sprechend ist." So bestimmte auch schon in diesem
Sinne cinX Eabinetsordre vom 19 April 1800, daß,
wenn ein Adeliger wegen Diebstahls -oder ähnlichen
Verbrechens ftximineü bestraft wurde, auch aufAdels-
verluft 'zu erkennen wäre; ferner verordnete der
Cabinetsbesehl vom 18 Febr. 1837 für die Rhein-
provinz, daß jcdeX Adelige, welcher criminell vcrur-
rbeil: oder wegen eines nach vollendetem löten Lebens-
MH re verübten, in den Art. 401, 403 — 8 oder 4 43
des Strafgesetzes vorgesehenen Vergebens corrcctioncll
bestraft worden, gleichzeitig durch das erkennende Ge
richt des Adels verlustig erklärt werden sollte. (L. 21.5.)
Angeregt durch den Missionar Schmidt, welcher in.:
vorigen Sommer einige Vorträge über den Zustand
Ostindiens hier gehalten hat. hat sich nach dem Vor
bilde der englischen Gesellschaft ein Frauen-Muuons-
verein gebildet, an dessen Spitze die Frau Minister
Eichhorn steht, und der es sich zun: Zweck gemacht
hat . auf die christliche Bildung des weiblichen Ge
schlechts, besonders in Ostindien und Syrien, hinzu-
wirken. Wie das geschehen soll, zeigen die Statuten
des Vereins, so wie die bcigcdrucktcn Grundsätze,
nach denen der Verein verfahren wird. Obgleich
eben erst ins Leben getreten, hat der Verein viel
Theilnahme unter den: weiblichen Geschlechte hier ge
funden. Frauen und Jungfrauen aus den höchsten
und niedrigsten Ständen haben sich demselben ange
schlossen. (B. 21. R. Z.)