Full text: Zeitungsausschnitte über Jacob und Wilhelm Grimm

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— 1886. ^ 20. — Literarisch 
es Centralblatt. — 8. Mai. — 
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z4 
Prosa gegeben hat, und die Vertheilung in Sutren zwar an- 
giebt, aber doch zurücktreten läßt. Jedenfalls muß man ein 
räumen , daß zwischen den Sutren Pänini's und den G.rhya- 
sutren ein großer Unterschied besteht, und der Satzbau der 
letzteren legt es nahe, daß sie wirklich ursprünglich als zusam 
menhängende Prosa beabsichtigt gewesen sind. Mit der Jnter- 
punction hat sich der Hrsgbr. große Mühe gegeben, nach der 
Ansicht des Res. hat er des Guten zuviel gethan. Ging er aber 
einmal so weit, so durfte er wenigstens bei einer stärkeren Jn- 
terpunction die Wörter nicht verschmelzen lassen, z. B. I 4, 9 
dvärasyä : ’bdaivatah mit dem Kolon hinter dem a von ab°. 
Aus der Einleitung sind neben der kritischen Erörterung ein 
zelner Stellen besonders noch die Bemerkungen über die Be 
deutung der Partikeln und über die Wortstellung hervorzuheben. 
Wi. 
Mod), Dr. Max, Prof., Shakespeare. Supplement zu den Werken 
des Dichters. Stuttgart (o. J>>, Cotta. (310 S. Kl. 8.) c/K. 1. 
Es bildet dieses Buch ein Supplement zur neuen Ausgabe 
der Werke Shakespeare's, die bei Cotta erschienen ist. Es soll 
daher ein größerer Lehrkreis durch dasselbe mit dem Leben des 
Dichters bekannt gemacht werden und somit wird niemand hier 
viele neue Untersuchungen und neue Ergebnisse erwarten. Aber 
das über des Dichters Leben Geschriebene ist hier mit großem 
Geschick und guter Kritik zusammengestellt. Da der Vers. auch 
eine recht fließende Darstellungsweise hat und alle seine Auf 
stellungen auf gründlichem Studium beruhen, ohne daß die Ge 
lehrsamkeit sehr hervortritt, so haben wir es hier mit einem 
populären Buche im besten Sinne zu thun und hoffen, daß 
dasselbe recht weite Verbreitung finde. Außer Shakespeare's 
Leben wird noch gehandelt über den Einfluß der classischen und 
der italienischen Literatur auf die englische Literatur und über 
das englische Schauspiel bis auf Shakespeare's Zeit. Im An 
hange wird dann die wichtigste Literatur beigefügt über die 
Verbreitung der Kenntniß Shakespeare's bei den verschiedenen 
Völkern, über die wichtigsten Ausgaben und Uebersetzungen von 
Shakespeare-Dramen und Gedichten, über des Dichters Leben, 
über die Geschichte des englischen Dramas. Den Schluß bildet 
eine Zeittafel. An letzterer läßt sich allerdings mancherlei aus 
setzen. Warum finden wir in einer Zeittafel zu Shakespeare's 
Leben die Ereignisse von der Schlacht bei Hastings an ausge 
führt? Die Entdeckung von Amerika war sicherlich ein bedeu 
tendes geschichtliches Ereigniß, aber was hat sie mit Shake- 
speare zu thun? Auch in neuester Zeit findet man Vieles, was 
wir nicht in dieser Zeittafel suchen. Koch mag ein Verehrer 
Richard Wagner's sein, aber warum werden hier alle erste Auf 
führungen von Wagner's Stücken angeführt? Warum schließt 
die Zeittafel: ,,1883. Richard Wagner stirbt. Gründung des 
allgemeinen Richard-Wagner-Vereins zur Sicherung und Fort 
führung eines deutschen Nationaldramas zu Bayreuth"? Für ge 
wöhnlich pflegt Res. nicht Druckfehler aus besprochenen Büchern 
anzuführen. Doch auf einen sei hier aufmerksam gemacht. S. 23 
wird als Tag, an welchem Shakespeare getauft wurde, der 
23. April 1564 angeführt I R. W. 
Goedeke, Karl, Grundriss zur Geschichte der deutschen 
Dichtung. Aus den Quellen. 1. und 2. Bd. 2. gänzlich neu 
bearb. Ausl. Dresden, 1885/86. Ehlermann. (VIII, 500; IV, 
600 8. 8.) \dfL 23. 
Es verdient Dank und Anerkennung, daß Goedeke, nachdem 
er eben in dem dritten Bande seines Grundrisses uns ein umfäng 
liches Nachschlagewerk für die kaum schon literarhistorisch verzeich 
nete Periode bis 1830 geschaffen hatte (vrgl. Jahrg. 1882, Nr. 17, 
Sp. 577 fg. d. Bl.), sofort zu einer neuen umgearbeiteten Auf 
lage der früheren Bände seines Werkes zurückgekehrt ist und 
dieselbe mit der Frische eines Jünglings gefördert hat. Bereits 
liegen die ersten zwei Bände der neuen Auflage vor uns, die 
dem ersten Bande der alten entsprechen und die Literaturge 
schichte bis zum 30jährigen Kriege führen. Wie groß die Zu 
sätze und Erweiterungen sind, bezeugt schon der Umfang. Der 
frühere erste Band enthielt 432 Seiten, die beiden jetzt statt 
seiner vorliegenden zählen deren 1100. Die Einrichtung, die 
Periodisierung, die Urtheile, auch die Paragraphen sind im 
Ganzen dieselben geblieben wie früher, nur ist Manches correcter 
und besser dargestellt, aber die gesammte Masse der, namentlich 
für die Zeit des Mittelalters, in den letzten Decennien so ge 
waltig angeschwollenen Einzelforschung ist an den betreffenden 
Stellen eingetragen, auch hat der Vers. selbst das literarhisto 
rische Material sehr erweitert, so daß der Inhalt der einzelnen 
Paragraphen kaum wiederzuerkennen ist, und beide Ausgaben 
sich schwer mit einander vergleichen laffen. Bei akademischen 
Vorträgen wird man sich fortan durch einfache Verweisung auf 
Goedeke viele Literaturangaben ersparen können, und wir möch 
ten wünschen, daß das Buch in den Händen jedes Studenten sich 
befände, der der deutschen Literatur ein genaueres Studium zu 
zuwenden beabsichtigt. Daß für das 16. Jahrhundert in dem 
Bibliographischen, zumal in der Breite der Titelangaben, zu 
weilen des Guten zuviel gethan ist, darf nicht geläugnet werden, 
aber ein solches „Zuviel" ist ein Mangel, den man sich eher ge 
fallen laffen kann als das Gegentheil. Wir gehen auch nicht ins 
Einzelne. Es wäre ein wohlfeiler Ruhm, wollten wir einzelne 
Fehler — zumal im Mittelalter, das des Verf.'s eigentliches 
Arbeitsgebiet nicht ist — monieren und geringfügige Nachträge 
an dieser Stelle liefern; wir wollen das Werk als Ganzes 
fassen, und als solches können wir ihm unsere Anerkennung und 
Empfehlung mit bestem Gewissen auf den Weg geben. 
Die Vögel von Goethe. In der ursprünglichen Gestalt herausge 
geben von Wilh. Arndt. Leipzig, 1886. Veit & Comp. 
(XXXVI, 59 S. Kl. 8.) 
Wir verdanken dem Hrsgbr. schon manchen schönen Beitrag 
zur Goetheforschung, zumal vortreffliche Ausgaben, denen sich 
denn auch die vorliegende würdig anreiht. Bereits vor dem 
Jahre 1780 hatte Goethe, den in den 70er Jahren Aristo- 
phanes vielfach beschäftigte, ein Lustspiel im Anschlüsse an die 
Vögel dieses Dichters geplant, wovon Knebel, auch der Herzog 
und Frau von Stein, vielleicht auch noch sonst der Eine oder 
Andere unterrichtet waren. Im Sommer des genannten Jahres 
ward auf der Ettersburger Bühne fleißig Theater gespielt, Oeser 
ward aus Leipzig herübergeholt, um die Decorationen zu malen, 
und Goethe sollte ein neues Stück dazu liefern. Er beschloß 
die Vögel wieder aufzunehmen, gestaltete sie aber völlig um. 
In jenem ersten Entwürfe, der nicht auf uns gekommen ist, 
scheint Klopstock in der Gestalt des Schuhn, sein Schildknappe 
Cramer in der einer Ente durchgehechelt zu sein, vielleicht kam 
auch in ihm der „Dialog zwischen einem Spatzen und einem 
Zeisgen" vor, den Goethe's Mutter erwähnt und von dem wir 
doch Nichts wissen. In der neuen Gestalt finden wir Nichts 
von Alledem, da ist der Schuhn der Repräsentant des professio 
nellen Recensententhums, und sein Nachsprecher ein Papagei. 
Im Juni und Juli ward das Stück von Goethe gefertigt — 
doch ist es nicht über den ersten Act hinausgelangt —, nament 
lich an den Sonntagen dem Fräulein von Göchhausen in die 
Feder dictiert, und am 18. August fand die Aufführung statt, 
bei der Goethe in der Maske des Scapin den Treufreund, Ein 
siedel in der des Pierrot den Hoffegut gab. Wem die Rollen 
desSchuhu und des Papagei zugefallen waren, wissen wir nicht; 
die Schröter sprach den Epilog, sang auch wohl die Partien der 
Lerche und der Nachtigall, und ein paar junge„Misels" wirkten 
offenbar als Vögel mit. Das Stück ist mit übermüthiger Laune 
geschrieben und voll treffender Scherze, die für die Zuhörer von 
damals alle noch ihre besondere Beziehung hatten, so daß es
	        
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