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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z4
wie in seinen letzten mancherlei Veröffentlichungen,
welche heute die Nationalliberalen entweder zu rasenden
Feinden oder zu abgeschmackten heuchlerischen Freunden
des seltenen Mannes machen. Als zu seinen bittersten
Feinden gehörend gibt sich in dieser selben Woche ein
anderer Ungenannter in dem Leipziger Lit. Centralblatt
kund: nach diesem hätte es in Deutschland niemals
einen durch und durch so verwerflichen Schriftsteller ^
gegeben als Gervinus — wegen der paar Bogen seiner!
hinterlassenen Schriften! Auch dort regt sich also
wiederum in eben dieser neuesten Zeit der Schatten des
deutschen Mannes, welcher so viele Deutsche jetzt nicht
schlafen läßt. Aber mag der Leipziger Mann, nachdem
man dort fast länger als ein Fahr seinen Ingrimm zurück- j
gehalten, noch so roh und so grob, d. i. so wenig Säch
sisch reden: die besonnenen deutschen Männer werden
dennoch einen solchen offenen Haß viel erträglicher
finden, als jene kriecherisch künstliche Heucheleider ßottai*
scheu Allgemeinen Zeitung.
Ich benutze außerdem noch diese Gelegenheit, um
allen" den jetzigen Deutschen gegenüber, welche an der
Richtigkeit von Gervinus' letztem Urtheile über Jakob
Grimm und sein muthmaßliches Verhalten in dem heu
tigen großen deutschen Streite zweifeln wollten, auch in
dieser Sache meine vollkommene Uebereinstimmung mit
ihm zu bezeugen. Was ein obwohl wissenschaftlicher
aber dennoch windiger Mann ein oder fünf oder zehn
Jahre später in den allgemein wichtigen öffentlichen
Dingen thun werde oder gethan haben würde, läßt
sich nicht abschätzen: wenigstens wird kein ernster Mann
sich mit einer solchen Abschätzung befassen. Ich habe
aber Jakob Grimm auch nachdem er schon lange in
Berlin angestellt war, zu genau gekannt und seine freien
Urtheile über Berlin zu unvergeßlich vernommen, als
daß ich meinen könnte, er hätte 1866 und noch weiter
hin bis heute nicht vollkornmen ebenso geurtheilt und
gehandelt wie Gervinus und ich. Und warum
sollten wir in zerrütteten Tagen uns nicht arrch unserer
verklärten besten Freunde desto inniger erinnern und
uns mit der Gewißheit trösten, daß auch sie heute
ebenso handeln und, muß es sein, ebenso leiden wür«
den, wie wir. Za, ich meine, auch Dahlmann würde
1866 uub weiter bis jetzt seine Festigkeit wiedergefun
den haben, obgleich er 1848 und 1843 sich weit mehr
verirrte, als Gervinus. Nur windige Leute können sich
heute solche Männer so windig denken, wie sie selbst
sind. ' H- Ewald.