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Heinrich Schütz
II primo libro de madrigali. Venedig 1611. SWV?
Signatur: 4° Mus. 20 d
Aufgeschlagen: Alto: f. 37 r Titelblatt; Canto: f. 37 v Widmung
(Fotografie); f. 49 v -50 r Coro Primo A 8. CANTO und Coro Primo. A 8.
TENORE der Motette Vasto mar
Dieses Madrigalbuch ist ein erstes Zeugnis für die fruchtbare Zeit, die
Schütz als Schüler von Giovanni Gabrieli in Venedig verbrachte. Die
Sammlung enthält 18 fünfstimmige Madrigale sowie das doppelchörige,
achtstimmige Vasto mar. Mit dieser Komposition huldigte Schütz gleich
zwei Männern: seinem Lehrer G. Gabrieli durch die Wahl der Doppel-
chörigkeit („chori spezzati“), mit dem Text des ersten Madrigalabschnitts
seinem Gönner und Landesfürsten Moritz von Hessen, dem die Sammlung
auch gewidmet ist. Sprachmelodie und Affektgehalt der inhaltlich eher
schwachen Texte haben Schütz offensichtlich begeistert. Sie boten ihm in
Form kontrastierender Paarbildungen (Leben/Tod, Krieg/Frieden) und
vehementer Gefühlsausbrüche (Ausrufe, Schreie) jene typischen Madriga
lismen, die dem zu Beginn des 17. Jahrhunderts veränderten Wort-Ton-Ver-
ständnis entsprachen: „Affekte der Seele" („affetioni del animo") musika
lisch darzustellen. Bewundernswert ist, wie feinsinnig Schütz die Nuancen
der ihm fremden Sprache erspürte und sie in wahrhaft italienischer Manier
musikalisch bearbeitete. Nahezu perfekt wird die Klangwirkung durch die
Abstimmung des Sprachaffektes auf die Wahl der Tonart.