180
W. K. Grimm.
der reinsten Freude gefeiert worden und ich habe niemals et
was Bewegenderes und Ergreifenderes gesehen, als den feier
lichen Einzug der fürstlichen Familie. Das Volk zog die
Wagen nicht mit einem tobenden, für den Augenblick erreg
ten Eifer, sondern wie Jemand, der ein lang entbehrtes, von
Gott wieder gewährtes Gut in die Heimath zurückführt. Mir
schien in diesem Augenblicke, als könne keine Hoffnung auf die
Zukunft unerfüllt bleiben.
Ich rücke der Gegenwart näher und würde mich schick-
lkcherweise kürzer fassen, selbst wenn es nicht meine Absicht
wäre, bloß einzelne Erinnerungen aus meinem Leben mitzu
theilen. Die damaligen Ereignisse hatten auch auf meine
Familie Einfluß. Zwei Brüder kamen nach langer Abwesen
heit aus der Ferne zurück, um den Feldzug mitzumachen.
Der Maler trat als Offizier in ein Regiment ein und vie
Besorgniß, daß eine leichte Verwundung ihn für seinen Be
ruf unfähig machen könne, kam ihm doch kleinlich vor. Ja
kob gieng bald zu der Gesandtschaft ins Hauptquartier ab, und
ich blieb mit der Schwester allein zurück, ich könnte sagen, in
dem mütterlichen Hause, denn es schien uns beiden Aeltestcn,
als hätten wir die Pflicht, die Verbindung der ganzen Fa
milie fortwährend zu erhalten.
Zu Anfang des Jahres 1814 bewarb ich mich um die
zweite Bibliothekarstelle an der Bibliothek im Museum, die
vakant war. Ich glaubte dazu nicht ungeschickt zu seyn, und
was mir fehlte, durch Fleiß und Neigung zu diesem Amte
zu ersetzen. Der geheime Hofrath Strieder, der an der Spitze
der Bibliothek und bei dem Kurfürsten sehr in Gunst stand,
ein Mann von redlicher, aber finsterer und bitterer Gesin
nung (er hatte aus Haß gegen die Franzosen während ihrer
Anwesenheit, sieben Jahre lang keinen Fuß aus seinem Hause
gesetzt und konnte, ohne heftig zu werden, sie nicht nennen),
rieth mir, um die Stelle blos mit dem Titel eines Bibliothek
sekretärs zu bitten, weil der Kurfürst, der nöthigen Erspar
nisse wegen, den Bibliothekars-Gehalt zu ertheilen nicht ge
neigt sey, und sonst die ihm nicht sehr dringend erscheinende
Besetzung der Stelle aufschieben möchte: in der Sache mache
dies keinen Unterschied, und bei der ersten Gelegenheit werde
sich meine Stellung verbessern. Dieser Rath war so gut als
eine Entscheidung; meine Bitte ward nun schnell erfüllt und
am 15. Feb. trat ich mein Amt an. Mit dem ersten Biblio
thekar, Oberhofrath Völkel, stand ich von Anfange in dem
besten Vernehmen, er war reich an Kenntnissen, von gemä
ßigtem, freundlichem Charakter, und hat mich niemals anders
als kvllegialisch behandelt, alle Geschäfte der Bibliothek wur