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I. L. K. Grimm.
sind sie jederzeit vorgekommen als eine würdige, ernste Auf
gabe, die sich bestimmt und fest auf unser gemeinsames Va
terland bezieht und die Liebe zu ihm nährt. Das Schwie
rige bestand hauptsächlich darin, daß die meisten Quellen noch
gar nicht herausgegeben waren, oder unkritisch, daß man sich
mühsam und mit Kostenaufwand der Handschriften versichern
mußte, und eigenhändige Abschriften nicht scheuen durfte. Die
auf solche Abschriften verwandte Zeit ist aber keine verlorne,
sondern eben sie führen auf genaues Verständniß und heben
das Unsichere oder Bedenkliche hervor. Ein anderer Grund
satz, der mir stets vorschwebte, war, in diesen Untersuchungen
nichts gering zu schätzen, vielmehr das Kleine zur Erläuterung
des Großen, die Volkstradition zur Erläuterung der geschrie
benen Denkmähler zu brauchen. Die in dem folgenden Ver
zeichnisse besternten Bücher habe ich mit meinem Bruder Wil
helm gemeinschaftlich ausgearbeitet und herausgegeben, von
Jugend auf lebten wir in brüderlicher Gütergemeinschaft;
Geld, Bücher und angelegte Kollektaneen gehörten uns zusam
men, es war natürlich, auch viele unserer Arbeiten genau z»
verbinden. Es war uns auch beyden förderlich. Eine solche
Verbindung schriftstellerischer Thätigkeit ist es besonders für
eine gewisse Zeit, wo sich abweichende Ansichten noch nicht
deutlich ausgeprägt haben, wo das, worin einer dem andern
zu weit oder nicht weit genug geht, noch nicht hinreichend
entwickelt worden ist. Späterhin kann es auch wieder vor-
theilhaft seyn auf die eigne Hand Bücher zu schreiben, ohne
daß die fortwährende gegenseitige und nähere Theilnahme an
den Arbeiten des Andern dadurch gestört wird. Wenn ich
meinen Bruder hier rühmen dürfte, so könnte ich es viel
besser als Andere.
Schriften.
Ueber den altdeutschen Meistergesang. Göttingen 1811.
* Kinder- und Häusmärchen. Berlin 1812. Zweiter Band 1815.
Zweite Aufl. Berlin, Th. 1. und 2. 1819. Th. 3. 1822. Kleine Ausg.
Berl. 1825. Holländische theilweise Uebersetzung unter dem Titel: Spro-
kiesboek. Amsterdam 1820. Englische Uebersetzung unter dem Titel:
German populär stories, translated from the K. a. H. M. London
1823. Vol. 2. Lond. 1820, mit geistreich ausgeführten Kupfern von
Cruikshank. Der Uebersetzer ist Edward Taylor. Es sind davon seit
dem mehrere Auflagen gemacht worden.
Dieses Buch hat in Deutschland das seltsame, ungünstige Geschick er
lebt, daß ein Namensverwandter Albert Ludwig Grimm fast zu gleicher
Zeit in Heidelberg eine wohlfeilere Sammlung Kindermärchen herausgab,
wodurch viel Irrthümer in der Bestellung entstanden sind.
* Die beiden ältesten deutschen Gedichte, das Lied von Hildebrand
und Hadubrand und das Weißenbrunner Gebet. Kassel 1812. 4.
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