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I. L K. ©rtmnt.
die kn Wilhelmshöhe aufgestellt war, vorgeschlagen worden.
Es muß an andern begünstigten Mitbewerbern gefehlt haben,
sonst wäre mir schwerlich eine solche Stelle, wie cs den 5ten
Jul. 1888 wirklich geschah, zu Theil geworden. Meine Fä
higkeit dazu war von Niemand geprüft. Die ganze Instruk
tion des königl. Kabinetssckretärs bestand in den Worten:
von« ferez mettre en grands caracteres sur la porter Riblio-
theque particuliere du Roi. Ich hatte nun alsbald 2000
Franken Gehalt, der sich nach einigen Monaten, vermuthlich
weil man mit mir Wfrieden war, auf 3000 erhöhte. Nach
dem wieder einige Zeit verflossen wgr, kündigte mir eines
Morgens der König selbst an, daß er mich zum Auditeur an
Conseil d’Etat ernannt habe, doch solle ich die Bibliotheksstelle
daneben und hauptsächlich bekleiden (IT. Febr. 1809,. Das
Amt eines Auditors beim Staatsrathe galt damals für ein
besonderes Glück und führte leicht zu höheren Stufen. Da
es überdem meine Besoldung um 1000 Fr. mehrte, so genoß
ich nun einen Gehalt von über 1000 Rthlr., der ich ein Jahr
zuvor keinen Pfennig bezogen hatte, und alle Nahrungssor
gen verschwanden.
Dabei war mein Amt als Bibliothekar keinesweges lästig,
ich hatte mich bloß einige Stunden in der Bibliothek oder im
Kabinct aufzuhalten, konnte auch während diesen nach Besor
gung des neu einzutragenden ruhig für mich lesen oder exzer
pieren. Bücher oder Nachsuchungen in Büchern wurden vom
König nur selten verlangt, an Andere wurde aber gar nichts
ausgeliehcn. Die ganze übrige Zeit war mein, ich verwandte
sie fast nnverkümmert auf das Studium der altdeutschen Poesie
und Sprache. Denn der Staatsrath machte mir, außer daß
ich in gestickter Prachtuniform den Sitzungen beiwohnen muß
te, wenig zu schaffen und bald merkte ich, daß, wenigstens
wenn der König nicht persönlich den Vorsitz hatte, ich auch
in den Sitzungen nicht immer zu erscheinen nöthig hatte. Von
allen Gesellschaften wußte ich mich auszuschließen und lebte,
wenn man hinzurechnet, daß der König oft Monate laug ab
wesend war, dann das ungestörteste Leben. Von dem König
kann ich nicht übel reden; er benahm sich gegen mich immer
freundlich und anständig, er schien, besonders in den letzten
Jahren, zu mir, als dem einzigen Deutschen im Kabinet, we
niger Zutrauen zu haben, als zu den übrigen Angestellten, die
sämmtlich Franzosen waren; und ich finde das natürlich. Viel
leicht wäre ich doch von der Stelle entfernt worden, wenn
mich nicht der Kabinetösekrctär Rimguiere (nachmals Baron
von Sorsum), der bald jenem Cousin de Marinville nach
folgte, gehalten hätte. Dieser war ein gebildeter Mann, selbst