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Zur deutschen Sprachkunde.
xxvm. Bd.
Sprachen befremdet es, das deutsche us (ur), as (ar)* is (ir),
das slavische «o (vz), litthauische isz (lettische, altpreußische is)
im Griech. und Lat. zu vermissen. Wie wenn es ihnen früher auch
eigen gewesen und in den folgenden zusammengesetzten Partikeln
nachzuspüren wäre?
3) Lateinisches dis- aus de-is ? 1 2 ). Diese untrennbare Par
tikel verkürzt sich aber meist mit Vocallängerung in di-, wenn
liquida, media oder V, besteht aber, wenn tenuis, yocalis
oder s folgt; vor dem Vocal zeigt sich auch dir- in dir-imo statt
dis-imo (Schneider S. 646). Zwischen dis und di kann eine
wohl nie geschriebne Mittelform diz gelegen haben. Der Gothe
hat dis-, welches der Lautverschiebung nach tis- heißen sollte, wie
das ahd. zir- bestätigt. Allein da er du für tu (ahd. zi) beybe
hielt, war auch dis- gerecht, das man aus du-us, du - is, di-is
erklären kann. Die ahd. Formen lauten wechselnd zir- (zer-),
zar-j, zur-entsprungen aus zi-ir, zi-ar, zi-ur, welche noch
unverschmolzen in ze-ar-Cellan (subruere), MONS. 4oq, und
ze - ir - gan (perire), N. 78, 11 vorkommen. Häufiger ist die
dem lat. di- vergleichliche, doch -) keine Vocallängerung bewir
kende Apoeope za-j zi- (ze-), nicht aber zu-, mit der Bedeu
tung des lat. dis-: za-spaltan (zerspalten), zi-kankan (zerge
hen) , und ein solches ze- herrscht im Mhd. neben und beynahe
vor dem zer-j das im Nhd wieder völlig eingeführt worden ist 3 ).
Schwierig aber scheint die Erklärung des angenommenen Compo-
situms aus der Bedeutung der einzeln stehenden Präpositionen
de und is, du und us, zi und ir, zumal das lat. de zwar dem
goth. du, ahd. zi buchstäblich nah, sinnlich fern liegt. Du ist
*) Zufällige Ähnlichkeit hat das griech. 3-g (zwey Mal) selbst im Be
griffe, da Zwiespalt fast auch Zerspaltung ist, eigentlich aber zwey
Mal gespalten; scheint mir nicht zweifeln, von son
dern Si-cTd&w, anstehen, von §i« , vgl. §: - <7T«V:g, Anstand,
mit o-Tac-cg.
2) Wie es scheint; sollten sich früher zä - teilan (goth. dis - dailjan),
zä-rinnan (dis-rinnan, dir - rinnan ? difFluere) scheiden von
za - teilan (du - dailjan ? attribuere) , za - rinnan (du - rinnan,
afFiuere) ? Die ahd. Denkmäler sehen in letzterm Fall zuo- teilan,
zuo - rinnan.
z ) Das ags. to- bedeutet bald zer- (tb-blavan, dilFlare; tb-bre-
can, dirumpere), bald zu- (tb-bringan, adferre), und das
zwey Mat componierende to~d- kaum je zer, obschon es aus tb
und a (= ar, ir) erwachst. Beyspiele tb-ä-sendan (admittere);
tb-a-settan (apponere); tb-a-spanan (allicere); tb-ä -vyl-
tan (advolvere). Ahd. vermuthlich zuo - ar - welzan , verschieden
von zar-welzan. Es sind Eomposita mit a-, ar-, denen noch
m tb vorgesetzt wird, keine mit der Verschmelzung..