I
6 2 6.
Altdeutsche Predigten.
217
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 29
Der Jdeengang des Dichters ist: Menschenhände können Glas
aus der Asche in beliebigen Formen hervorbringen, und Gott
schafft den Menschen aus Nichts hervor, das Geheimniß der
Schöpfung ist größer, als das der Auferstehung aus dem Tode
(gleichsam aus der Asche), woran die Ketzer nicht glauben wol
len Von der Verhärtung des Ketzers sagt Bert hold (S. 271)
weniger gelungen: er gleicht dem Krystall, wie dieser von Waffer
zu Stein geworden ist, so ist er aus einem Christen zum Ketzer
geworden. Der Krystall kann nicht wieder in Wasser zurückkeh
ren, eben so wenig der Ketzer wieder in einen Christen gewandelt
werden »er si denne kürzlich in die ketzerie körnen.« —
Uebrigens bedarf es kaum der Anmerkung, daß jene Etymologie
Ketzer aus Katze grundfalsch sey. Schon ihre Verbreitung eben
wohl durch die romanische und slavische Sprache zeigt, daß das
Wort nicht deutsch seyn könne (iral. gazaro, mittellat. gazarus,
gazems, böhm. kacyr, poln. kaceiz); unsere Sprache kennt
es erst seit dem dreyzehnten (zwölften?) Jahrhundert/ Früher
gebrauchte man ka-tuolo, gi-tuolo (angelsächs. ge-dvola) für
haeresis, uwtlicb: Irrthum. Notker hat 24, 16 geloubirron
(haereses) 78, 15 irrare (haeretici): Irrglaube, Irrgläubige.
Uber den Ursprung des Wortes Ketzer haben die Kirchenhistoriker
zwey Meinungen aufgestellt, die beyde nicht unwahrscheinlich
sind. Einmahl könnte bey cazarl, chazari an die Herkunft ei
ner Sekte aus der Chazarey (chersonesus taurica) gedacht wer
den , wie auf ähnliche Weise Bulgaren (Bugari) allgemein
für Heiden, Unchristen gebraucht wurde. ^Dann aber kommt das
griech. KaSapoi in Betrachtung, wozu die Formen caihari, ea-
tari besser paffen. Die Sektierer hießen sich Reine im Sinne der
heutigen Puritaner (Beinher I. e. cap 6 cathari, propter mun-
diiiem) und dafür streitet die Nebenbenennung boni homines,
los bos homes (Pagi critica in Baron, »ad a. 1179. p. 656)
vgl. Petrus Sarnensis hist. Albigens. cap. 2 : sciendum au«
tem, quod quidam inter haereticos dicebantur perfecli, sive
boni homines, und cap. 4? haeretici a fautoribus suis boni
homines dicebantur. Der Ausdruck boni homines war nun
freylich von Alters her in allen Ländern romanischer Zunge im
besten Sinne gebraucht und ist auch nachher durch jene schmäh
liche Zwischenbedeutung nicht daraus verdrängt worden; welcher
Franzose denkt sich bey bonhommie etwas Unrechtes? Aber es
ist mir doch auffallend, daß in unserm Parcifal Wolfram den
Einsiedler T r e v r i z e n t, der seine ganz eignen Grundsätze zu haben
scheint, beständig denguoten man nennt (Par^ 110° 11 i b * c 1 i5 c
n8 c ). —Berthold macht noch einen Unterschied zwischen