Full text: [Rezension:] Berthold des Franziskaners deutsche Predigten aus der zweyten Hälfte des dreyzehnten Jahrhunderts (..), hrsg. von Christian Friedrich Kling. Mit einem Vorwort von Dr. A. Neander. Berlin 1824

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Altdeutsche Predigten. 
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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 29 
Der Jdeengang des Dichters ist: Menschenhände können Glas 
aus der Asche in beliebigen Formen hervorbringen, und Gott 
schafft den Menschen aus Nichts hervor, das Geheimniß der 
Schöpfung ist größer, als das der Auferstehung aus dem Tode 
(gleichsam aus der Asche), woran die Ketzer nicht glauben wol 
len Von der Verhärtung des Ketzers sagt Bert hold (S. 271) 
weniger gelungen: er gleicht dem Krystall, wie dieser von Waffer 
zu Stein geworden ist, so ist er aus einem Christen zum Ketzer 
geworden. Der Krystall kann nicht wieder in Wasser zurückkeh 
ren, eben so wenig der Ketzer wieder in einen Christen gewandelt 
werden »er si denne kürzlich in die ketzerie körnen.« — 
Uebrigens bedarf es kaum der Anmerkung, daß jene Etymologie 
Ketzer aus Katze grundfalsch sey. Schon ihre Verbreitung eben 
wohl durch die romanische und slavische Sprache zeigt, daß das 
Wort nicht deutsch seyn könne (iral. gazaro, mittellat. gazarus, 
gazems, böhm. kacyr, poln. kaceiz); unsere Sprache kennt 
es erst seit dem dreyzehnten (zwölften?) Jahrhundert/ Früher 
gebrauchte man ka-tuolo, gi-tuolo (angelsächs. ge-dvola) für 
haeresis, uwtlicb: Irrthum. Notker hat 24, 16 geloubirron 
(haereses) 78, 15 irrare (haeretici): Irrglaube, Irrgläubige. 
Uber den Ursprung des Wortes Ketzer haben die Kirchenhistoriker 
zwey Meinungen aufgestellt, die beyde nicht unwahrscheinlich 
sind. Einmahl könnte bey cazarl, chazari an die Herkunft ei 
ner Sekte aus der Chazarey (chersonesus taurica) gedacht wer 
den , wie auf ähnliche Weise Bulgaren (Bugari) allgemein 
für Heiden, Unchristen gebraucht wurde. ^Dann aber kommt das 
griech. KaSapoi in Betrachtung, wozu die Formen caihari, ea- 
tari besser paffen. Die Sektierer hießen sich Reine im Sinne der 
heutigen Puritaner (Beinher I. e. cap 6 cathari, propter mun- 
diiiem) und dafür streitet die Nebenbenennung boni homines, 
los bos homes (Pagi critica in Baron, »ad a. 1179. p. 656) 
vgl. Petrus Sarnensis hist. Albigens. cap. 2 : sciendum au« 
tem, quod quidam inter haereticos dicebantur perfecli, sive 
boni homines, und cap. 4? haeretici a fautoribus suis boni 
homines dicebantur. Der Ausdruck boni homines war nun 
freylich von Alters her in allen Ländern romanischer Zunge im 
besten Sinne gebraucht und ist auch nachher durch jene schmäh 
liche Zwischenbedeutung nicht daraus verdrängt worden; welcher 
Franzose denkt sich bey bonhommie etwas Unrechtes? Aber es 
ist mir doch auffallend, daß in unserm Parcifal Wolfram den 
Einsiedler T r e v r i z e n t, der seine ganz eignen Grundsätze zu haben 
scheint, beständig denguoten man nennt (Par^ 110° 11 i b * c 1 i5 c 
n8 c ). —Berthold macht noch einen Unterschied zwischen
	        

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