Full text: [Rezension:] Berthold des Franziskaners deutsche Predigten aus der zweyten Hälfte des dreyzehnten Jahrhunderts (..), hrsg. von Christian Friedrich Kling. Mit einem Vorwort von Dr. A. Neander. Berlin 1824

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Altdeutsche Predigten. 
XXXII. Bd. 
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ziehen ihren Saft aus der Erde, und er versauert in ihnen. 
Uni) täglich thut er das Zeichen, daß die Erde auf nichts 
schwebt. S. 364: Jedes Erschaffene hat Wesen und Namen, 
aber nicht jedes hat Wesen und Leben und Empfindung und 
Vernunft. Der Stein hat nur Wesen; die Gewächse der Erde 
Wesen und Leben, aber sie empfinden nichts, der Baum zap 
pelt und ruft nicht, wenn er abgehauen wird, aber er hat 
Leben; denn wenn man ihn abhaut, so dorret er, weil ihm 
die Kraft genommen ist, wovon er lebt. Aber die Thiere alle 
haben Empfindung dazu, denn sie fürchten und fliehen Schmerz 
und Tod. Den Menschen hat Gott über alles geadelt, weil er auch 
noch v e r n i m m t. Der almehtige Got (S. 113) hat iu zwei 
groziu buoch gegeben, da ir an lesen und lernen sulet alle 
die wisheit der iuch not ist an übe und an sele, die iuch in 
daz himelriche wisen suln. Daz ist der himeL und diu 
erde. Verständet ihr es nur zu machen alse der guote sant 
Bernhart. Do man den frägete, wo von er so wise wa*re, 
do sprach er: ich lerne an den boumen. Eine (S. i65 
wiederholte) bekannte Aeußerung Bernhards: was er in 
Erklärung der heil. Schrift vermöge und in der Erkenntniß 
der göttlichen Dinge, habe er besonders in Wäldern und auf 
Feldern durch innere Betrachtung und Gebet erlangt, und 
keine anderen Lehrer gehabt, als die Buchen und Eichen (der 
h. Bernhard, dargestellt von Neander, Berlin i8i3, 
S. 6). Glaube meiner Erfahrung, schrieb Bernhard an 
einen andern Lehrer, du wirst etwas mehr finden in den Wäl 
dern, als in den Büchern, Holz und Stein werden dich leh 
ren, was du von den Meistern nicht vernehmen kannst (da 
selbst S. 45). Die Stelle von den zwey großen Büchern der 
Natur (S. 112. 161) erinnert mich au ein noch ungedrucktes 
Gedicht Strickers (bey Petz des Anonymus Meliicensis; 
die Handschrift dieser schönen Gedichte liegt nämlich zu Molk, 
Abschriften davon jetzt zu Dresden und sonst; einzelne Stücke 
daraus auch in Heidelberger Mff), welches beginnt: Got hat 
den leyen gegeben, die christenlichen wollen leben, drin 
buoch, daran sie sulen sehen , waz ist u. waz sol geschehen ; 
der himel ist der b^ijche einez , rehtez u. vil reinez etc. 
Unter dem zweyten Buche wird aber nicht die Erde gemeint, 
sondern das Gemälde mit Abbildungen aus der christlichen 
Geschichte; unter dem dritten Buche das Leben der Geistlichen. 
Die Idee ist also anders gewendet. Uebrigens hätte Ber- 
thold mit Strickers, der ihm um zwanzig Jahre voran 
gehen mag, Dichtungen leicht bekannt seyn können. 
Wenn alle Minoriten und Prediger des dreyzehnten Jahr-
	        
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