Altdeutsche Predigten.
XXXII. Bd.
I
t
Art. IX. Verth old des Franziskaners deutsche Predigten aus der zwey
ten Hälfte des dreyzehnten Jahrhunderts, theils vollständig, theils
in Auszügen. Herausgegeben von Christian Friedrich
Kling- Mit einem Vorwort von Dr.
lin, 1824. XVI und 466 Seiten.
A. N e a n d e r. B e r-
Kruder B e rt h old, dessen Wort vor nun bald sechshun
dert Jahren wie eine Fackel in Deutschland leuchtete, von dem
noch lange die Linden, auf welchen er gepredigt, den Namen
führten, war seit der Zeit rn völlige Vergessenheit gesunken; seine
der Aufbewahrung und Betrachtung überaus würdigen Werke la
gen in den Bibliotheken begraben, die neue Buchdruckerkunst
überging sie und befaßte sich doch mit so manchen theologischen
Schriften des Mittelalters, für die es heut zu Tage keine Leser
mehr gibt. Ich wüßte nicht, daß von dem reichbegabten Ber
the ld früher irgend etwas gedruckt worden wäre, außer zu
Paris durch Johann Gourmont ohne Jahrzahl, vermuth
lich im ersten Viertel des sechzehnten Jahrhunderts : F. Bertholdt/
Teutonis horologium clevotionis circa vitam. Christi, in Se-
dez, angeführt voll Panzer annal. typ. vol. Ylil. p. 214«
Nr. 2769, wenn dieß mir nie zur Hand gekommene Buch anders
wirklich von ihm herrührt. Desto lebhaftern Dank verdient Hr.
Dr. Kling, daß er einen bedeutenden geistlichen Schriftsteller,
dessen in der jüngsten Abhandlung über die Homileten der Vor
zeit (Augusti Denkwürdigkeiten aus der christl. Archäologie,
Band VI. Leipzig, 1828. S. 3o6, 809) nicht mit einem
Worte gedacht ist, nunmehr wieder in unsere Literatur einführt.
Ehe ich von seiner Beredsamkeit und Sprache handle, wird es
nöthig seyn, seine Lebensumstände zu erörtern; der Herausgeber
scheint,'was er darüber vermuthet, bloß aus dem Werke selbst
zu schöpfen, und mit allen sonstigen, ziemlich reichhaltigen Nachrich
ten unbekannt. Eben dieß hat ihn zu einigen unvollkommenen
Schlüssen verleitet.
Der Ruhm Bertholds und der Eindruck, den er auf
das Volk machte, war zu groß, als daß ihn die gleichzeitigen
und nachfolgenden Chronisten mit Stillschweigen hatten überge
hen können. Sie gedenken seiner sämmtlich zwischen den Jahren
i25o und 1272; letzteres war sein Todesjahr. Hermaimi Alta-
hensis annales (bey Oefele 1, 676^ ) ad ann. 1260: Berthol-
dus minor de Ratispona, declamator insignis, LX millia au-
ditorum habuisse fertur. Henrici Steronis annales (bey Ca-
nisius T. IV. p. 188, 189) ad ann. 1231 : his diebus quidam
frater Bertholdus de ordine minor um fratrum de domo
Ratiiponerisi tantam gratiam babuit praedicandi, ut saepe
ad eiim audiendum plus quam sexaginta millia hominumcon-