Full text: [Rezension:] Berthold des Franziskaners deutsche Predigten aus der zweyten Hälfte des dreyzehnten Jahrhunderts (..), hrsg. von Christian Friedrich Kling. Mit einem Vorwort von Dr. A. Neander. Berlin 1824

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Altdeutsche Predigten. 
XXXII. Bd. 
1104): nonas Augusli post horam nonam suit eclipsis solis 
generalis ut videtur in ista Teutoniae regione.fSßte frep war 
BerLh 0 ld und seine öffentliche Lehre von dem Aberglauben, 
der sich noch in die folgenden Jahrhunderte verbreitet hat: und 
wänden, seht er hinzu, die ungelerten liute, diu werlt wolte 
zeigen; daz habent die meister wol experimentet, die von 
den Sternen db lesent, daz des nü nieman vorhten darf* 
Bruder Berthold war, den angeführten Zeugnissen nach, 
einer der populärsten Männer, die vor ihm und späterhin in 
Deutschland gelebt und gewirkt haben. Die Angabe von 
60,000, oder gar 100,000 Zuhörern mag übertreiben. Wenn 
man auch das Herbeyströmen einer so großen Menge von Leuten 
und die Möglichkeit, ihnen Lebensmittel zu schaffen, in jenen 
weit geringer bevölkerten Zeiten, deren wenige PoLizeyeinrichtun- 
gen für außerordentliche Fälle gar nichts taugten, zugeben wollte; 
so kann doch die lauteste Stimme eines Redners kaum von tau 
send, gedrängt und im Freyen stehenden Menschen vernommen 
werden, geschweige von vielen Tausenden. An dem Zulauf von 
Tausenden, überall wo sich der berühmte Minoritenprediger zeigte, 
ist aber nicht zu zweifeln, und wo vermochte irgend in unsern Ta 
gen geistliche Beredsamkeit dergleichen? Konnte auch nicht alles 
Volr, das sich eingefunden hatte, seine Worte wirklich hören, so 
war es einmal aus der Gegend versammelt und begnügte sich viel 
leicht damit, von ferne die Gestalt des Predigers zu sehen, oder 
konnte ihn an einem der folgenden Tage inr engern Kreise zu hö 
ren hoffen. Denn er scheint oft täglich gepredigt zu haben, S. 
286: git mir got die gnade, so sage ich morgen und über 
morgen aber me. Daß solche Predigten nicht in dem einge 
schränkten Raume der Kirchen geschehen konnten, versteht sich. 
Es waren nach altchristlicher Weise Berg- und W i e s e n p r e d i g- 
Le n unter Gottes freyem Himmel *). Der Papst hatte den Pre 
digermönchen und Minoriten außer der Kirche, auf Straßen und 
Gaffen zu predigen erlaubt (Augusti a. a. O. S. 335), und 
selbst diese Vergünstigung muß damals auf das gemeine Volk von 
14/ gewaltigem Eindrücke gewesen seys Der Redner überschaute von 
der Anhöhe die ganze ringsum im Grün gelagerte Menge; Bilder, 
die er vom Himmel und der Gegend hernehmen konnte, gewan- 
n 
*) Auch der bekannte K 0 n r a d von Marburg hatte (in den drey 
ßiger Jahren des dreyzehnten Jahrhunderts) ungeheuern Zulauf, 
und mußte im freyen Felde predigen: cum eundum esset in 
campum ad pracdicationem magistri Conradi de Marburc 
(Kuchenbeclter anal. hass. IX, 117. vgl. Gerste Uber ge rs 
Chronik bey Schminke II, 826). 
X / XU Ja , § Kwd ' 
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