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Altdeutsche Predigten.
XXXII. Bd.
1104): nonas Augusli post horam nonam suit eclipsis solis
generalis ut videtur in ista Teutoniae regione.fSßte frep war
BerLh 0 ld und seine öffentliche Lehre von dem Aberglauben,
der sich noch in die folgenden Jahrhunderte verbreitet hat: und
wänden, seht er hinzu, die ungelerten liute, diu werlt wolte
zeigen; daz habent die meister wol experimentet, die von
den Sternen db lesent, daz des nü nieman vorhten darf*
Bruder Berthold war, den angeführten Zeugnissen nach,
einer der populärsten Männer, die vor ihm und späterhin in
Deutschland gelebt und gewirkt haben. Die Angabe von
60,000, oder gar 100,000 Zuhörern mag übertreiben. Wenn
man auch das Herbeyströmen einer so großen Menge von Leuten
und die Möglichkeit, ihnen Lebensmittel zu schaffen, in jenen
weit geringer bevölkerten Zeiten, deren wenige PoLizeyeinrichtun-
gen für außerordentliche Fälle gar nichts taugten, zugeben wollte;
so kann doch die lauteste Stimme eines Redners kaum von tau
send, gedrängt und im Freyen stehenden Menschen vernommen
werden, geschweige von vielen Tausenden. An dem Zulauf von
Tausenden, überall wo sich der berühmte Minoritenprediger zeigte,
ist aber nicht zu zweifeln, und wo vermochte irgend in unsern Ta
gen geistliche Beredsamkeit dergleichen? Konnte auch nicht alles
Volr, das sich eingefunden hatte, seine Worte wirklich hören, so
war es einmal aus der Gegend versammelt und begnügte sich viel
leicht damit, von ferne die Gestalt des Predigers zu sehen, oder
konnte ihn an einem der folgenden Tage inr engern Kreise zu hö
ren hoffen. Denn er scheint oft täglich gepredigt zu haben, S.
286: git mir got die gnade, so sage ich morgen und über
morgen aber me. Daß solche Predigten nicht in dem einge
schränkten Raume der Kirchen geschehen konnten, versteht sich.
Es waren nach altchristlicher Weise Berg- und W i e s e n p r e d i g-
Le n unter Gottes freyem Himmel *). Der Papst hatte den Pre
digermönchen und Minoriten außer der Kirche, auf Straßen und
Gaffen zu predigen erlaubt (Augusti a. a. O. S. 335), und
selbst diese Vergünstigung muß damals auf das gemeine Volk von
14/ gewaltigem Eindrücke gewesen seys Der Redner überschaute von
der Anhöhe die ganze ringsum im Grün gelagerte Menge; Bilder,
die er vom Himmel und der Gegend hernehmen konnte, gewan-
n
*) Auch der bekannte K 0 n r a d von Marburg hatte (in den drey
ßiger Jahren des dreyzehnten Jahrhunderts) ungeheuern Zulauf,
und mußte im freyen Felde predigen: cum eundum esset in
campum ad pracdicationem magistri Conradi de Marburc
(Kuchenbeclter anal. hass. IX, 117. vgl. Gerste Uber ge rs
Chronik bey Schminke II, 826).
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