XXXII.
gehaltene, damals in poetische Form zu fassen; an der Gefügsam-
keit, Gelenkigkeit und Reinheit der Prosa, deren sich in dem ei
gentlichen Leben bedient werden mußte, läßt sich doch nicht zwei
feln, und so finden wir auch Berrholds Prosa völlig im Ein
klänge mit, seiner Zeit und gleich lebendig mit den althochdeutschen
Prosadenkmälern, wie die Dichtersprache mit der früheren noch
zusammenhängend. In den darauf folgenden Jahrhunderten,
als sich die Dichtkunst verschlechterte, geht auch die Prosa rauh
und holpericht, und da endlich wieder um >760 deutsche Poesie
aus dem langen Schlafe erwachte, lebte zugleich die Prosa auf.
Klopstock und Lessing gehören einem Menschenalter, und
wer mag behaupten, daß Göthe weniger unsere Prosa gestärkt
und erfrischt hat, als unsere Poesie oder das Umgekehrte? Die
Mystiker haben wohl zu jeder Zut wenig oder keinen Einfluß ge
übt auf die Bildung der Prosa. Sie schufen sich insgesammt
ihre selbst eigene Art des Ausdruckes, ohne je damit unter das
Volk zu dringen. Was die Sprache im Großen und Ganzen bil
den und emporbringen soll, das bedarf allgemeiner Klarheit; die
Mystiker suchten aber für sich selbst nicht mehr als das Helldun-
kele. Ich wüßte nicht, daß Jakob Böhmes von der Schreib
art seines Jahrhunderts so sehr abstechender Styl auf die Prosa
der nächsten Zeit irgend einige Wirkung hervorgebracht hätte, und
glaube, daß es sich in dieser Absicht mit den frühern, namentlich
Tauler und Heinrich Suso, eben so verhält. Ihre Werke
verdienen auch von den Sprachforschern beachtet zu werden; aber
das, wodurch sie sich auszeichnen, wird sich nie als ein Populä
res, mit dem Element der ganzen Sprache historisch und noth
wendig in Zusammenhang stehendes erweisen. Doeen hat im
ersten Bande der Mise. S. 140 — 162 ein Bruchstück aus dem
vierzehnten Jahrhundert gegeben, dessen harte und dürftige Dar
stellungsweise man vergleiche mit der weichen und lebendigen
Prosa des älteren Bertholds. Nicht als ob Bert hold
das vermiede, was an tiefere geistliche Betrachtung streift, man
braucht nur die Auszüge S. 460 — 466 über Gottes Wohnung
in der Seele u. s. w. zu lesen, und wie glücklich er sich mitunter
auch in dergleichen Materien ausdrückt; allein solche Erhebungen
des Gedankens und der Sprache, die um so mehr wirken, je
sparsamer sie ausgestreut sind, scheinen doch nie die Oberhand zu
gewinnen über des Redners eigentliche, auf das klare praktische
Leben gehende Richtung. Ich erinnere hier an -das geistliche, halb
mystische Gedicht eines andern Minoriten, der gerade zu Re-
gensburg und fast gleichzeitig mit B e r t h 0 ld lebte, Bruder
Lamp r e ch t s Tochter von £ t 0 11, wovon Doeen in Aretins
Beytr. IX, 1207 und Welker in den Heidelb. Jahrb. 16»d, S.