essisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 29
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Altdeutsche Predigten.
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Sitten, die von Zürich und vom Bodensee, und die von
Sachsen kann man daran wohl unterscheiden. Manchmal
aber nimmt der Niederländer die Sprache des Oberlan-
ders an, wie der Gleisner und der Pfennigprediger, der so
viel von Gott und seiner Marter redet, und dazu weint, daß
man schwören möchte, er sey ein rechter Oberländer. Auch durch
die Kleider kann ein solcher tauschen, aber nie in die Lange durch
die Sitten. Er will im Grunde .unter den Oberländern die
Frommen, unter den Niederländern dre gottlosen Menschen
schildern, und gibt den wirklichen Sprachunterschied nur zum
Beyspiel.
Die Untersuchung wird hierdurch zu unmittelbar auf B e r-
tholdsSprache selbst geführt, als daß sie sich noch länger
bey dem aufhalten könnte, was sonst in den bekannt gemachten
Predigten außer den angeführten Gegenständen Bemerkenswer
thes vorkommt. Die grammatische Wichtigkeit des vorliegenden
Werkes fordert eine ausführliche Berücksichtigung.
Für die Verhältnisse der Laute und Buchstaben ist indessen,
wegen Beschaffenheit der Handschrift, wovon hernach die Rede ^ /
seyn wird, nichts sicheres zu entnehmen; auch in den WortbeD- u/
gungen habe ich nichts unbekanntes angetroffen. Reiche Aus
beute hingegen für die Wortbildung, sowohl in Ableitungen als
Zusammensetzungen.
S ub st a n t i v a b l e i t u n g. Feminina mit bloßem Vokal,
aus Adj. gezogen selten, aber zuweilen: gelphe (splendor) i44?\
aus andern Subst. mistende (resurrectio) 26; aus Partlkelü &
gegcne (regio) 212, wo doch der Partikel selbst ein altes No-
men unterliegt. Die Masc. auf -oere zeigen durchgehends -er
(Gramm 2, i3o): abbrecher 129, i3o, i3»; gertener
(hortulanus) i56); nesclier (libidinosus) 200; meineider *
38; trügener , lügener 91 ; pfrägener (propola) 61, 9 1 [(HGm
wörseler 4 2 j hördeler (thesaurarius, avarus) 182; man- 1
slahter (homicida) 78, 177, blnottrinker 19, 77, 69;
prediger; gesnoeber (koenerator) 85; wuocberer 224 ; was
bedeutet Satzungen 123, 224? Offenbar auch einen, der im
Handel und Wandel bekriegt. Man sieht, der Umlaut folgt
bald, bald nicht, es wird kaum zu bestimmen seyn, ob Ber-
thold wuocberer oDer wuecherer gesprochen hat. Auf -ser
(althochd. -isari, z. B. durstesare des pluotes, Blutdlirster,
Notker C apella 78) findeich bloß gewaltser (21, 40 3, 4>o),
worunter er einen gewaltsamen, rohen Krieger versteht, den er
mit dem Diebe zusammenstellt. Die Bildung -ison, -isari scheint
überhaupt auf das Heftige hinausgehend, vergl. richi son, herri
80n (herrschen, dominari). Auf -i«al (Gramm. 2, 107) das
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