Full text: Berthold, des Franciskaners deutsche Predigten, aus der zweiten Haelfte des dreizehnten Jahrhunderts

© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L124 
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Andacht. Sind alle viere da, so wird Gott gewandelt 
in das Brod. Nun ist das Brod wahrer Gott und 
wahrer Mensch mit Leib und Seele, wie er geboren ward, 
von St. Maria der ewigen Jungfrau, und was Wein war, 
ist sein heiliges Blut, wovon ein Tropfen kostbarer (dürre) 
ist als Himmel und Erde. So wird die Arzenei voll 
bracht zu Ehren allem himmlischen Heer, zum Heil allen 
Christenleuten, und zu Trost und Hülfe allen Seelen im 
Fegefeuer. Die Ketzer und Juden wundern sich, wie diese 
Verwandlung möglich sei (vergl. p. 120. 171. 172.). 
Aber Gott kann thun, was er will. Hat die Nachtigall 
daS^Ei gelegt, so sitzt der Vater davor, und singst mit 
seiner süßen Stimme gegen das Ei, bis ein schöner Vo- 
gel darin wachset. Hat Gott dem Vogel diese Kraft ge 
geben, daß von seiner Stimme Fleisch und Bein und ein 
lebendiger Vogel wird, was vorher dieses nicht war; was 
mag er dann mit sich selber und seinen eigenen Worten 
thun? — Mancher der an der Hinrichtung ist, meint 
Gottes Leichnam zu cmpfahen, wenn er Brosamen oder 
ein Stück Erde ^n den Mund nimmt. Aber damit hangt 
er nur desto schwerer an dem Galgen. Es soll ihn mit 
ganzer Treue und rechter Andacht darnach begehren, und 
ganzen Willen haben, keine t'odtliche Sünde mehr zu 
thun; so hat er ihn mit der Begehrung. Empfahl er 
ihn, so kommt r nur desto eher aus dem Fegefeuer. —~ 
Die fünfte ist die h. Oelung (daz oley). Das mag man 
öfters empfahen, aber nur, wenn ein Mensch Sorge hat, 
daß er sterbe. Stirbt er, so wird sein Fegefeuer dadurch 
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