© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L124
so kleine Galt, die auch der Aermste und Schwächste und
Zung und Alt wohl leisten kann, verlange ich um eine
reiche Lehre. Denn wer sie behält bis an seinen Tod,
dem ist sie nutzer als aller Könige Reichthum, als alle
goldcnen^Bcrgc. Aber wie klein die Gabe ist, so kann
ich ihrer doch von euer keinem entbehren; wer sie nicht
gibt, dem kann auch die Lehre nichts helfen. Es ist die
Gabe, daß ihr heute vermeidet alle tödtlichen Sünden
bis an euren Tod, und wo ihr sie nicht vermeidet, sie
von euch werft mit wahrer Reue re. Das kann jeder:
alle Welt möchte mich nicht zu einer Hauptsünde nöthi
gen, sagt Augustinus. — Dem Menschen kann nichts
schaden in dieser Welt, als die Sünde. Bist du ohne
Sünde, so vergütet dir Gott allen Verlust tausendfältig,
da, wo dir ein Pfennig lieber ist, als hier hundert. Leide
gedultig, wie Hiob. Wer ohne Hauptsimdcn ist, dem ste
het allezeit offen die Gnade Gottes und das ewige Le
ben; und was ihm auch hier wiederfahrt, er achtet eS
nicht; so groß ist seine Hoffnung zum ewigen Leben. Dem
andern aber ist diese Zuversicht und dieser Trost theuer
(er kann sie nicht finden). Wie leicht ihn etwas stört,
er heult wie ein Hund, er zürnt gegen Gott, gegen sich
selber und gegen seine Leute. Das kommt daher, daß
er das irdische Leben zu seinem Himmelreich gemacht hat,
Hoffart, Unkeuschheit, Gemächlichkeit, Wollust des Flei
sches rc. Das obere Himmelreich und die Gnade Got
tes, woher alle Tugend und Gedult fließet, hat er ver
wirkt. Geht es ihm nun auch in seinem Himmelreich