VIII
Gebundenheit seiner Zeit in Leben und Lehre
theilt Berthold. Das zeigt sich in der ganzen
Art, wie er die Seligkeit abhängig macht vom
Annehmen einzelner Lehrmeinungen, und in sei
nem Losziehen gegen die Ketzer, welches jedoch
ganz natürlich war und keinem einzelnen zum Vor
wurf gemacht werden darf in einem Zeitalter, wo
das Christenthum die Masse noch nicht so durch
drungen hatte, wie das in der protestantischen
Kirche sein soll und auch insoweit ist, als nicht
Trägheit und Nachläßigkeit es gehemmt hat, und
wo daher noch nicht das sichere Bewußtseyn des
festen Besizeö Raum gewonnen hat, das in un
serer protestantischen Kirche mit einer ganz be
sonderen inneren Zuversicht fest steht, in dem
Maaße als ihre Entwickelung ungetrübt und frei
ist. Wie es aber unchristlich wäre, wenn ein zu
freierem Glauben Hindurchgedrungener den noch
Gebundeneren in seiner eigenen oder einer frem
den religiösen Gemeinschaft deshalb geringer ach
tete, anstatt das Werk des Einen und selbigen
Geistes in ihm zu erforschen und zu lieben; so
wäre es auch zuwider dem Geiste der das ganze
Werk Gottes in Christo umfassenden Liebe, wenn
wir die früheren Wirkungen des Geistes in einer
gebundeneren Form, als die unsrige ist, verken-