archiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 124
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Mittelalter so besonders hervorgetreten ist, und
die ganze Eigenthümlichkeit desselben bestimmt.
Dies durch die verschiedenen Gebiete des Le
bens durchzuführen, ist hier nicht der Ort; und
es kann diese Lobpreisung auch nicht im Sinn
derer gemeint sein, welche den Geist und Fort
schritt der Geschichte miskennend, uns gerne zu
rückführen möchten in jene Zeit der empfindsa
men Minne, der ritterlichen Galanterie, des ari
stokratischen und hierarchischen Feudalismus, des
gebundenen Glaubens und der durchgängigen Ver«
Mischung des Weltlichen und des Kirchlichen. Die
ses also hat seine historische Nothwendigkeit ge
habt, und nur ein in der Gegenwart befangener
Sinn kann wollen, eö möchte ganz anders gewe
sen sein. Aber es müßte auch ein Anderes auf
jenes folgen; und dieses Neue ist theuer erkauft
worden. Und obwohl wir im Christenthum, das
ewiges Leben ist, nichts mehr wissen von Altern
und Abnehmen, und einer ewigen Jugend uns
erfreuend mit Liebe alles Jugendliche anschauen
und in uns zu einem lebendigen Bilde gestalten,
so wäre eö doch eine Verkehrtheit, in der Periode
männlicher Reife und Freiheit zu dem zurückkehren
zu wollen, was von der Jugend das Vorüber,
gehende und Unvollkommnere ist, zu den Unreifen