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©
essisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm
H
ursprüngliche nicht gefunden habe: ivahrscheinlicher und
minder willkürlich als die besscrungen der Schreiber wird
man die meinigen immer finden.
Dafs ein herausgeber mittelhochdeutscher erzählungen alle les-
arten aller handschriften angeben solle, wird wer die sache
versteht selten begehren, die arbeit wird durch die masse
fehlervoll und für den leser unübersehlich: das auffinden der
echten Überlieferung wird nicht gefördert: dafs jeder was
er eben will beizu lernen könne, dafür zu sorgen ist nicht
des kritikers aufgabe. es ist ihm nicht eher vorzuiverfen
wenn er merkwürdige sprachformen oder sinnreiche lesarten
nicht erwähnt, als bis man beweist dafs sie dem dichter ge
hören. ich habe die lesarten der beiden alten handschriften
A und B sämtlich angegeben: in der rcgel sind nur tvo sie
einander widerstreiten auch die übrigen verglichen, nicht
immer alle, weil eine oder die andre zu stark änderte, oder
weil der ganze vers fehlte, oder weil ich aus E und aus b
oder c die lesart nicht angegeben fand.
Eines gewöhnlichen abschreibers Orthographie, indem er zwischen
der Vorschrift und seinen eigenen rede- und schreibgewohn-
heiten schwankt, mufs nothwendig bunter und abwechselnder
werden als es des einzelnen dichters rede war. hingegen
jede regclung dieses Schwankens wird wieder die freiheit
des sprechenden nie ganz erreichen, so ist das streben nach
glcichmäfsigkeit, welches man bei dem sorgfältigen Schreiber
von B bemerkt, viel zu beschränkend, zumahl da cs selten
auf streng durchgeführte regeln, gewöhnlich nur auf stäts
gleiche Schreibung desselben Wortes gerichtet ist. auch mich
trifft der gleiche vorwurfj wenn ich mich auch freier gehal
ten habe, so ist das überall durchgesetzte v allerdings Über
treibung: aber wie sollte ich mir helfen, da es A würklich
überall hat, nur ausgenommen frowede 63. 1662, freuwede
7383, freuwet 7384, frolih 7385, frowe 177, iunefrowe 5147,
manilifalt 5100, vir zwifelet 2541, zwifelhaft 4869? sollte
ich B folgen, die grade beschränkt was sonst am freisten
ist? denn sie setzt nur f vor I r u (u und ii) u u° u e iu.
der genauen aussprache zuwider hat sie immer tiufel und
zwlfel, aber richtig aventiyre tayel; f vor andern voealen in
falsch gefelschen farwe goltfarwem hochfart (aber vart) tu-
sentfalt manecfalt einfaltech (und doch einvaltem) fischen
folch lantfolch forhte (einmahl von vorhten 5230). so un
wahr wie mein beständiges v, wird auch mein beständiges
-ec in uortschlüsscn sein: aber was war zu machen, da B