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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 213
durch eigene neue forschungen gefördert und angeregt hat
ten, brauche ich nicht zu sagen: denn dafs ich dies immer
dankbar anerkannt habe, weifs jeder, ich habe auch meiner
arbeiten, die freunden bekannt genug sind, nur erwähnen
müssen weil sie mir abgestritten werden, indem herr von
der Hagen, der sonst andere gern verschweigt aber be
nutzt, dies mahl eine auf ihnen beruhende bescheidene
äufserung meiner früheren Vorrede als ein falsches vorgeben
darstellt, es sollte nämlich wohl keines beweises bedürfen
dafs erst nach Vorarbeiten dieser art, bei voller geläufigkeit
des richtigen und gewöhnlichen in Wörtern formen bcdcu-
tungen fügungen Versbau und Stil, an eine kritische ausgabe
irgend eines mittelhochdeutschen gedichtes zu denken war.
und nun grade zum Iw ein, den man schon damalils als das
sauberste und regelmäßigste unter den höfischen gedickten
der mittelhochdeutschen periode erkennen konnte, hatte Be-
necke schon 1818 und 1820 einen so reichen und trefflichen
Stoff für eine ausgabe zusammen gebracht, daß mir, dem
die freie benutznng bereitwilligst gestattet war, sogleich
einleuchtete, hier sei es möglich einen kritischen grundsatz
aufzufinden, nach welchem aus schwankender Überlieferung
die echteste sich ausscheiden ließe, so nannte ich in der
am 31. merz 1825 unterschriebenen Vorrede die versuchte
dar Stellung der echtesten Überlieferung dieses gedichtes e den
ersten versuch ein altdeutsches gedieht kritisch zu behan
deln\ die bezeichnung war richtig, falls ich nur irgend
verstehe was kritik heißt: und ich weiß nicht womit ich
den herbe wortspielenden vorwurf verdient habe, dafs die
ausgabe sich für einen solchen ersten versuch aus gebe
(Minnesinger 4,261).
Aber es war (deshalb ward es auch nur gesagt) ein versuch,
dessen Unvollkommenheit ich fühlte und dem tadel der über
legenen gern preis gah. der zweiten geistigeren aufgabc
der kritik war zu wenig genügt worden, die gewonnene
echteste Überlieferung noch nicht scharf genug geprüft und
verbessert, freilich aber wer konnte auch voraus vermuten
daß in zwei handschriften die man tuohl gleichzeitige nen-
nen kann, in so beträchtlicher anzähl bedeutende versehen
sich würden eingeschlichen haben wie sie nun nachgewiesen
sind? wer konnte der eben erst mit miihvollem fleifs errun
genen würklichen Überlieferung, ehe sie noch in reinlichem
drucke dargestellt vorlag, sogleich ansehen daß der dichter
mit noch weit größerer feinheil alles harte störende oder