LESARTEN.
Die erste ausgabe des vorliegenden gedichts (1827) hatte ich
durch vieljährige arbeiten vorbereitet, die auf erforschung
und einübung alles in mittelhochdeutscher poesie gesetzmä
ßigen und üblichen gerichtet waren. im februar 1818 be
gann ich ein umfassendes reimwörterbucli über den grösten
theil der erhaltenen erzählenden gedickte und lieder anzu
legen, wodurch ich das regelrechte in den wortformen und
ihrer quantität, nebst dem eigentümlichen vieler einzelnen
mundarten und dichter, genau kennen lernte. im winter 1823
und 24 ward die althochdeutsche verskunst mit aufzählung
aller beispiele bis ins kleinste vollständig erörtert, dabei die
Umbildung oder Verfeinerung der gefundenen regeln in den
werken der sorgfältigsten dichter des dreizehnten Jahrhun
derts erforscht, an diesen war mir das notwendige und
das erlaubte fast alles klar geworden: mich an geschmack
und gefühl jedes einzelnen dichters anzuschmiegen war bei
imzureichenden hilfsmittein noch nicht genug möglich. alles
gedruckte alt- und mittelhochdeutsche, das zu erlangen war,
hatte ich widerholt und genau gelesen, viel ungedrucktes
teils gelesen teils auch abge schrieb en, ja von manchem
gedieht schon mehrere handschriften: im jahr 1824 brachte
ich selbst eine bedeutende anzahl Vergleichungen und ab-
schriften zuerst in f das nördliche Deutschland, die dann mehr
oder weniger gebraucht worden sind. *) wie mich freunde
*) ein mir selbst noch unbekannter gebrauch oder mißbrauch
scheint meiner abschrift der notkerischen werke bevor zu stehn,
diese, einen starken quartband in leder, hat mir jemand im herbst
1837 auf vierzehn tage abgeborgt und auf immer behalten, zur
zeit ohne nutzen für die Wissenschaft, aber schwerlich ohne scha
den für seine seele.