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Die Märchenfrau und die Bruder Grimm
Der bekannte Volkswirt Bruno Jacob aus Kassel
weist in seinem Artikel über ”Dorothea Viehmann” aus dem
Wilhelm lampert - Verlag - Dresden - auf die Tage der
Fremdherrschaft von 1806 bis 1813 hin und sagt dort wört
lich:
"In diesen Tagen der Fremdherrschaft, als sich die
Brüder Grimm vor dem lärm der waffenklirrenden Gegenwart
in die Vergangenheit der Heimat, in das Gedächtnisgut des
heimischen Stammes, flüchteten, - da feinden sie auch Doro
thea Viehmann, die Märchenfrau, die ihnen gab, was ihr Ge
dächtnis treu bewahrte”.
Aus der Vorrede der Jubiläumsausgabe der von den
Brüdern Grimm gesammelten "Kinder- und Hausmärchen” ist
folgender Wortlaut entnommen: “Biner jener guten Zufälle
aber war es, dass wir aus dem bei Kassel gelegenen Dorfe
Niederzwehren eine Bäuerin kennen lernten, die uns die mei
sten und schönsten Märchen des zweiten Bandes erzählte.
Sie war noch rüstig und nicht viel über fünfzig Jahre alt.
Ihre Gesichtszüge hatten etwas Festes, Verständiges und An
genehmes, und aus grossen Augen blickte sie hell und scharf.
Sie bewahrte die alten Sagen fest im Gedächtnis und sagte
wohl selbst, dass diese Gabe nicht jedem verliehen sei, und
mancher gar nichts im Zusammenhänge behalten könne. Dabei
erzählte sie bedächtig, sicher und undgemein lebendig, mit
eigenem Wohlgefallen daran, erst ganz frei, dann, wenn man
es wollte, noch einmal langsam, so dass man ihr mit einiger
Übung nachschreiben konnte. Manches ist auf diese Weise wört
lich beibehalten und wird in seiner Wahrheit nicht zu ver
kennen sein. Wer an leichte Verfälschung der Überlieferung,
Nachlässigkeit Sei Aufbewahrung und daher an Unmöglichkeit
langer Dauer als Hegel glaubte, der hätte hören müssen, wie
genau sie immer bei der Nrzählung blieb und auf ihre Rich
tigkeit eifrig war; sie änderte niemals bei einer Wieder
holung etwas in der Sache ab und verbesserte ein Versehen,
sobald