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Hofgeismar, herbeigesehnt.
Allmählich war die Dämmerung hereingebrochen. An
den zusammendrängenden Gespannen aller Art vor den Stallun-
gen der Knallhütte, an den in grosser Zahl sich hieran an-
schliessenden Hand- und Hundekarren war leicht zu erkennen,
dass mittlerweile die Stadttore Kassels geschlossen waren
und die von weither angerollten Fuhren beabsichtigten, in
einem Wirtshaus vor der Stadt, wie hier in der Knallhütte,
zu übernachten.
Da entstand für die Gaststättenbesitzer plötzlich
Arbeit aller Art. Damals war die Eisenbahn ein noch unbekann-
tes Beförderungsmittel. Die Knallhütte nahm daher auch noch
sonstige Reisende, wie Bauern, Handwerksgesellen und Händler
auf, die erst tags darauf, aber schon in aller Frühe, den
Stadtmarkt erreichen wollten, um dortselbst als erste die
mitgebrachten Marktwaren umsetzen zu können.
Zwischen den im Unterkünfts- und Wirtsraum Einlass
gefundenen Männern und Frauen fiel besonders ein mit Staub
bedeckter älterer Mann auf. Seine Gesichtsfarbe war dunkel
gebräunt, die Augen glänzendschwarz und das Gesicht selbst
schmal und fremdartig. Die älteste Haus- und Wirtstochter,
Katharina Dorothea Pierson, war mit der Bedienung und Ab-
findung der Ankommenden besonders in Anspruch genommen, die
übrigen Geschwister hatte man schlafen geschickt.
Dorothea näherte sich dem soeben geschilderten müden
Wanderer und fragte nach dessen Begehren. Sie war aber nicht
imstande, seine Worte zu entziffern.
Da aber meinte sie das Wort: "Chésrebérg” verstanden
zu haben. Ihre Augen nahmen unwillkürlich den Ausdruck innerer
und freudiger Überraschung an, worauf der Fremde fragend:
"Dorothée?" hervorbrachte.
Nun aber wurde es Dorothea klar; Dieser Mann kam be-
stimmt von Schöneberg her. Anschliessend folgerte sie: "Mor-
gen verreisen wir ganz weit fort, bis nach Schöneberg, an
vielen Städten und Dörfern vorbei. Doch meinen kleinen Ge
schwistern