88
ERSTER TEIL: DRITTES BUCH
Rolle spielt, eine Rolle neben andern, eine Stimme in der viel
stimmigen Symphonie der Menscheit. Sie ist wirklich
»höchstes Gut der Erdenkinder«, — eines jeden von ihnen. Das
Selbst hat keine Beziehung zu den Menschenkindern, immer
nur zu einem einzigen Menschen, eben dem »Selbst«. Allen
falls kann auch die Gruppe, wenn sie sich für schlechthin
einzig hält, das Volk etwa, dem alle andern Völker »Bar
baren« sind, ein Selbst haben. Vom Selbst gibt es keinen
Plural. Die Einzahl »Persönlichkeit« ist nur eine Abstraktion,
die ihr Leben aus dem Plural »Persönlichkeiten« zieht. Die
Persönlichkeit ist immer eine unter andern; sie wird ver
glichen; das Selbst vergleicht sich nicht und ist unvergleichbar.
Das Selbst ist kein Teil, kein Unterfall, auch kein eifersüchtig
bewachter Anteil am gemeinsamen Gut, den »aufzugeben«
verdienstlich sein könnte. Das sind alles Gedanken, die nur
für die Persönlichkeit gedacht werden können. Das Selbst
ist nicht aufgebbar — wem denn? es ist ja niemand für es da,
dem es etwas »geben« könnte; es ist allein; es ist keines von
den »Menschenkindern«; es ist Adam, der Mensch selbst.
Von der Persönlichkeit sind zahlreiche Aussagen möglich,
so zahlreiche wie von der Individualität. Sie folgen alle als
einzelne Aussagen dem Schema B»A, in welchem alle Aus
sagen über die Welt und ihre Teile vorgebildet sind; die Per
sönlichkeit wird stets als einzelne in ihrem Verhältnis zu
andern einzelnen und zu einem Allgemeinen definiert. Vom
Selbst gibt es keine abgeleiteten Aussagen, nur die eine
ursprüngliche, B=B; sowie es von Gott oder der Welt keine
Mehrheit von Aussagen gibt, sondern nur die einen ursprüng
lichen, in den Gleichungen symbolisierten. Obwohl doch
der Charakter an sich etwas ebenso Einzelnes ist wie die
Individualität und infolgedessen an sich auch durch das gleiche
nackte Symbol B bezeichnet wird, so ist er doch dadurch, daß
er im Gegensatz zur Individualität auf der rechten Gleichungs
seite erscheint, von ihr aufs vollkommenste unterschieden. Die
Individualität ist dadurch, daß sie auf der linken Gleichungs
seite auftritt, als Gegenstand gekennzeichnet. Der Charakter