ERSTER TEIL: ERSTES BUCH
Eignen, aller Wünsche und Begierden wie auch allen
asketischen Sichmühens um Gott begab und in vollkom
menster Gelassenheit Gottes Gnade erwartete, — so war
eben diese Gelassenheit die Leistung, die der Mensch dar
brachte, nicht selber erst Gottes Geschenk. Anders gesagt:
Gottes Liebe ward nicht dem Verstockten, sondern dem Voll
kommenen. Die Lehre von der Gelassenheit in die göttliche
Gnade galt für ein gefährliches »Allergeheimstes«; man möge
sie, so wird gelehrt, nimmer denen verkünden, die Gott nicht
verehren, wider ihn murren, sich nicht kasteien. Grade diese
Verirrten, Verhärteten, Verschlossenen aber, die Sünder,
mußte die Liebe eines Gottes suchen, der nicht bloß liebens
würdig ist, sondern der selber liebt, unabhängig von der Liebe
des Menschen, nein grade umgekehrt: selber erst die Liebe
des Menschen erweckend. Aber freilich, dazu wäre nötig, daß
der unendliche Gott dem Menschen so endlich nah käme, so
von Angesicht zu Angesicht, von benannter Person zu be
nannter Person, wie es kein Verstand der Verständigen,
keine Weisheit der Weisen je zugeben dürfte. Und wäre zu
gleich nötig, daß die Kluft zwischen Menschlich'Weltlichem
und Göttlichem, die eben in der Unaustilgbarkeit der Eigen
namen bezeichnet ist, für so tief, für so wirklich und allen
asketischen Menschen» und mystischen Weltkräften uniiber-
springbar erkannt und anerkannt würde, wie es kein Asketen-
hechmut, kein Mystikerdünkel in seiner Verachtung des
»Schall und Rauchs« der Namen, irdischer wie himmlischer,
je zugeben wird.
Und so blieb das Wesen dieses mythischen Gottes zwar der
Sehnsucht von Mensch und Welt erreichbar, aber nur um den
Preis, daß der Mensch aufhörte Mensch, die Welt aufhörte
Welt zu sein. Mensch und Welt trug der Flügelschlag der
Sehnsucht hinauf in das verzehrende Feuer der Vergottung.
Wie denn diese Sehnsucht, indem sie zum Göttlichen trug» das
Menschliche und Weltliche weit unter sich ließ und nicht etwa
mit tieferer Liebe auch in dieses hineinführte. Auch den
Gottesfreunden Indiens ist die Tat nur das. was nicht böse sein