METAPHYSIK
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ausgeht; das Kunstwerk muß durch eine kristallene Mauer
von allem andern, was nicht es selbst ist, abgeschlossen sein;
es muß etwas wie ein Hauch über ihm liegen von jenem
»leichten Leben« der olympischen Götter, mag schon das
Dasein, das es spiegelt, Not und Träne sein. Von dem drei
fachen Geheimnis des Schönen — äußere Form, innere Form,
Gehalt — hat die erste seiner Gestalten, das Wunder der
äußeren Form, das »Was aber schön ist, selig ist es in ihm
selbst«, seinen Ursprung im metaphysischen Geiste des
Mythos. Der Geist des Mythos gründet das Reich des
Schönen.
D ieser Geist des Mythischen, in dem Gott zu einem leben
digen Gott wird, hat seine Stärke in jener Geschlossen
heit, die selbst wieder eine Folge der Abschlußhaftigkeit dieses
Gottesbegriffs ist. Auch seine Schwäche liegt begründet in
dieser seiner Geschlossenheit und abschlußhaften, nicht zeu
genden, sondern erzeugnishaften Art. Aber hier gilt es vor
erst, seine Stärke zu betonen. Das Mythische, wie es bis zu
ihrem Untergang in den Religionen Vorderasiens und Europas,
doch als ein Stadium der Entwicklung überall herrschend war,
bedeutet keine niedrigere, sondern die höhere Form gegen
über den »Geistesreligionen« des Ostens. Es ist kein Zufall,
daß die Offenbarung, als sie in die Welt hinausging, ihren Weg
nicht nach Osten, sondern nach Westen nahm. Die lebendigen
»Götter Griechenlands« waren würdigere Gegner für den
lebendigen Gott als die Schemen des asiatischen Ostens.
Chinas wie Indiens Gottheiten sind ungeheure Gebäude aus
den Blöcken der Urzeit, die als Rohblöcke in den Kulten der
»Primitiven« noch bis in unsre Zeit hineinragen. Der Himmel
Chinas ist der zum Weltumfassenden gesteigerte Begriff der
göttlichen Macht, die, ohne sich über das göttliche Wesen zu
ergießen und sich so zur göttlichen Lebendigkeit zu gestalten,
in die ungeheure Kugel ihrer herrschenden Willkür das ganze
All einordnete, nicht als ein andres, sondern als ein ihr Ein
geschlossenes, ihr »Innewohnendes«; nirgends wird der an