Organe des Antlitzes in zwei Schichten. Denn die Lebens-
punkte des Antlitzes sind ja die, wo es mit der Umwelt in Ver
bindung tritt, seis in empfangende, seis in wirkende. Nach
den aufnehmenden Organen ist die Qrundschicht geordnet, die
Bausteine gewissermaßen, aus denen sich das Gesicht, die
Maske, zusammensetzt: Stirn und Wangen. Den Wangen ge
hören die Ohren, der Stirn die Nase zu. Ohren und Nase sind
die Organe des reinen Aufnehmens. Die Nase gehört zur
Stirn, sie tritt in der heiligen Sprache gradezu für das Gesicht
im ganzen ein. Der Duft der Opfer wendet sich an sie wie das
Regen der Lippen an die Ohren. Über dieses erste elementare
Dreieck, wie es gebildet wird von dem Mittelpunkt der Stirn
als dem beherrschenden Punkt des ganzen Gesichts und den
Mittelpunkten der Wangen, legt sich nun ein zweites Dreieck,
das sich aus den Organen zusammenfügt, deren Spiel die
starre Maske des ersten belebt: Augen und Mund. Die Augen
sind unter sich nicht etwa mimisch gleichwertig, sondern wäh
rend das linke mehr empfänglich und gleichmäßig schaut,
blickt das rechte scharf auf einen Punkt eingestellt; nur das
rechte »blitzt«, — eine Arbeitsteilung, die ihre Spuren schließ
lich bei Greisenköpfen häufig auch in die weiche Umgebung
der Augenhöhle eingräbt, so daß dann jene ungleichmäßige
Gesichtsbildung auch von vorn wahrnehmbar wird, die sonst
allgemein nur an der bekannten Verschiedenheit der beiden
Profile auffällt. Wie von der Stirn der Bau des Gesichts be
herrscht wird, so sammelt endlich sein Leben, alles was um
die Augen zieht und aus den Augen strahlt, sich im Mund. Der
Mund ist der Vollender und Vollbringer allen Ausdrucks, dessen
das Antlitz fähig ist, so in der Rede wie zuletzt im Schweigen,
hinter dem die Rede zurücksank: im Kuß. Die Augen sinds,
in denen das ewige Antlitz dem Menschen leuchtet, der Mund,
von dessen Worten der Mensch lebt; aber unserm Lehrer
Mose, der das Land der Sehnsucht lebend nur schauen, nicht
betreten durfte, versiegelte er dies abgeschlossene Leben mit
einem Kusse seines Mundes. So siegelt Gott und so siegelt der
Mensch auch.