DER STERN ODER DIE EWIGE WAHRHEIT
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ist auf die Seele und in die Hände des Menschen gelegt. Der
jüdische Mensch und das jüdische Gesetz — zwischen beiden
spielt sich da nicht weniger ab als der gott-, weit- und mensch
umfassende Vorgang der Erlösung. In der Formel, mit der die
Erfüllung des Gebots eröffnet und zu einem Akt des Herbei
führens der Erlösung gestempelt wird, klingen die einzelnen
Elemente, wie sie in dieses letzte Eine eingegangen sind, ein
zeln noch einmal auf. Der »heilige Gott«, wie er das Gesetz
gegeben, die »Schechina«, die er aus sich an Israels Rest aus
schied, die »Ehrfurcht«, mit der dieser Rest sich zur Wohn-
statt Gottes machte, die »Liebe«, mit der er sich daraufhin zur
Erfüllung des Gesetzes anschickte, er der Einzelne, das »Ich«,
das das Gesetz erfüllt, doch er »im Namen ganz Israels«, dem
das Gesetz gegeben und das durch das Gesetz geschaffen
ward. Alles Engste hat sich zum Ganzen, zum All erweitert,
nein besser: zur Einung des Einen erlöst. Der Niederstieg ins
Innerste enthüllte sich als ein Aufstieg zum Höchsten. Das
Nurjüdische des Gefühls verklärt sich zur welterlösenden
Wahrheit. In der innersten Enge des jüdischen Herzens
leuchtet der Stern der Erlösung.
Hier flammt der Stern. Das Letzte, das Innerste und
scheinbar Enge und Starre des Gefühls gerät in Fluß und fügt
sich zusammen zur welterleuchtenden Gestalt, die so wie sie,
in ihrer Zusammenfassung von Gott, Welt, Mensch durch
Schöpfung und Offenbarung hin zur Erlösung, den Gehalt des
Judentums ausdrückt, nun auch im Innersten der jüdischen
Seele noch aufleuchtet. Der Stern der Erlösung ist so Gleich
nis des Wesens, er glüht aber auch noch im Allerheiligsten des
Gefühls. Das ist sehr anders hier als beim Christentum. Auch
dort zeichnet der Stern der Erlösung den Gehalt, das innere
Wesen, aus dem es als ein Wirkliches in die Welt der Wirk
lichkeit hinausstrahlt. Aber diese Strahlen vereinen sich an
drei getrennten Punkten, wahrhaften Endpunkten, Zielpunkten
auch des Gefühls. Und diese Punkte sind untereinander nicht
mehr in Verbindung zu bringen. Die Mystik schlägt zwischen