DER STERN ODER DIE EWIGE WAHRHEIT
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zum Anblick der Glut, mit der die Flamme des Feuers in sich
selber glüht.
Dreifach zuckte auch die Flamme. In drei Gegensätzen
des eignen brennenden Lebens erinnerte sie sich das drei-
gespaltene Leben des äußeren All. Des jüdischen Gottes
Macht und Demut, des jüdischen Menschen Auserwähltheit
und Erlöserberuf, der jüdischen Welt Diesseitigkeit und Künf-
tigkeit — in diesen drei Zuckungen versammelte die Flamme
in ihrem Inneren spiegelgleich alle Gegensatzmöglichkeiten des
All zu einfachen Gegensätzen. Denn zum Unterschied von
allen Flammen der Erde verglüht sie ihre Wärme nicht bloß
im Strahlen nach Außen, sondern weil sie sich ewig aus sich
selber nährt, sammelt sie die Glut zugleich ins Innerste zu
höchstem inbrünstigem Brand; und indem sie also ihre Glut
ins Innre versammelt, schmilzt sie nun wiederum die flam-
mend=zuckenden Gegensätze je mehr und mehr in sich wieder
zu einfachem stillen Glühn.
Der Gegensatz zwischen schöpferischer Macht und offen
barender Liebe, selber noch inwohnend in der ursprünglichen
Umkehr vom verborgenen Gott des Heidentums- zum offen
baren der Offenbarung und im engeren Sinn jüdisch nur in den
zuckenden unberechenbaren Übergängen zwischen seinen
beiden Seiten, dieser Gegensatz schmilzt in der Innenwärme
des jüdischen Herzens zur Anrufung Gottes als »unser Gott
und Gott unsrer Väter«. Dieser Gott ist ununterscheidbar der
Gott der Schöpfung und der Gott der Offenbarung. Grade daß
er hier nicht mit dem offenbarten Namen angerufen wird, son
dern als Gott überhaupt, und dann doch wieder als Gott über
haupt zu »unserm« Gott wird und dies sein Unsersein wieder
in seinen Uranfang verankert wird und also die Offenbarung,
durch die er unser Gott ist, begründet wird in ihrem eignen
schöpferischen Ursprung in der Offenbarung an die Väter,
— dies ganze vielverflochtene Gebild des Glaubens ist im
jüdischen Herzen ein ganz einfaches Gefühl. Es ist keine letzte
Einheit, nicht das, was das Gefühl eben noch als Äußerstes