Full text: Der Stern der Erlösung

METAPHYSIK 
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der Unmittelbarkeit seines Ursprungs, »jünger« als das Ja. 
Das Non ist nicht propter Sic, aber post Sic. 
Das Nein ist ursprüngliche Verneinung des Nichts. Wäh 
rend das Ja an dem Nichts nicht hatte haften bleiben können, 
weil dieses ihm gewissermaßen keinen Ansatzpunkt gab; wäh- 
read es also von ihm abgestoßen sich auf das Nichtnichts warf 
und, so ins Unendliche befreit von seinem Ausgangspunkt, in 
dem unendlichen Gebiet des Nichtnichts das göttliche Wesen 
setzte: ist das Nein mit dem Nichts in engster Verschlingung 
Leib an Leib. Die enge Verschlingung ist jetzt möglich, da 
durch die vorausgegangene unendliche Bejahung des Nicht 
nichts das Nichts als ein Endliches zurückgeblieben war. So 
findet das Nein hier seinen Gegner dicht vor sich. Aber das 
Bild des Ringerpaars führt irre. Es ist kein Paar. Es ist ein 
Ringkampf nicht zu Zweien, sondern zu Einem; das Nichts 
verneint sich selbst. In der Selbstverneinung erst bricht aus 
ihm das »Andre«, der »Gegner«, hervor; und in dem Augen 
blick seines Hervorbrechens ist das Nein aus der selbstver 
neinenden Verschlingung des Nichts gelöst und frei geworden. 
Als freies, ursprüngliches Nein nimmt es jetzt Gestalt an. 
Hier gilt es nun wieder die Frage genau einzustellen. Wir 
fragen nach Gott. Das sichselbstverneinende Nichts war das 
sichselbstverneinende Nichts Gottes; das aus dieser Selbstver 
neinung geborene Nein ist ein Nein Gottes. Das Ja in Gott 
war sein unendliches Wesen. Sein freies, aus der Verneinung 
seines Nichts hervorschießendes Nein ist nicht selbst Wesen; 
denn es enthält kein Ja; es ist und bleibt reines Nein, es ist 
nicht »so«; nur »nicht anders«; so ist es immer auf »andres« 
gerichtet, es ist immer nur das »eine«. Und zwar das »eine« 
als das »eine« in Gott, vor welchem also alles andre in ihm 
zum bloßen »andern« wird. Dies schlechthin »eine«, dies 
schlechthinige Nein zu allem, was nicht es selbst, sondern 
»andres« ist, welchen Namen dürften wir ihm geben, wenn 
nicht den der Freiheit? Gottes Freiheit wird geboren aus der 
ursprünglichen Verneinung des Nichts als das auf alles andre 
nur als auf andres Gerichtete. Gottes Freiheit ist schlechthin 
gewaltiges Nein.
	        

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