METAPHYSIK
39
der Unmittelbarkeit seines Ursprungs, »jünger« als das Ja.
Das Non ist nicht propter Sic, aber post Sic.
Das Nein ist ursprüngliche Verneinung des Nichts. Wäh
rend das Ja an dem Nichts nicht hatte haften bleiben können,
weil dieses ihm gewissermaßen keinen Ansatzpunkt gab; wäh-
read es also von ihm abgestoßen sich auf das Nichtnichts warf
und, so ins Unendliche befreit von seinem Ausgangspunkt, in
dem unendlichen Gebiet des Nichtnichts das göttliche Wesen
setzte: ist das Nein mit dem Nichts in engster Verschlingung
Leib an Leib. Die enge Verschlingung ist jetzt möglich, da
durch die vorausgegangene unendliche Bejahung des Nicht
nichts das Nichts als ein Endliches zurückgeblieben war. So
findet das Nein hier seinen Gegner dicht vor sich. Aber das
Bild des Ringerpaars führt irre. Es ist kein Paar. Es ist ein
Ringkampf nicht zu Zweien, sondern zu Einem; das Nichts
verneint sich selbst. In der Selbstverneinung erst bricht aus
ihm das »Andre«, der »Gegner«, hervor; und in dem Augen
blick seines Hervorbrechens ist das Nein aus der selbstver
neinenden Verschlingung des Nichts gelöst und frei geworden.
Als freies, ursprüngliches Nein nimmt es jetzt Gestalt an.
Hier gilt es nun wieder die Frage genau einzustellen. Wir
fragen nach Gott. Das sichselbstverneinende Nichts war das
sichselbstverneinende Nichts Gottes; das aus dieser Selbstver
neinung geborene Nein ist ein Nein Gottes. Das Ja in Gott
war sein unendliches Wesen. Sein freies, aus der Verneinung
seines Nichts hervorschießendes Nein ist nicht selbst Wesen;
denn es enthält kein Ja; es ist und bleibt reines Nein, es ist
nicht »so«; nur »nicht anders«; so ist es immer auf »andres«
gerichtet, es ist immer nur das »eine«. Und zwar das »eine«
als das »eine« in Gott, vor welchem also alles andre in ihm
zum bloßen »andern« wird. Dies schlechthin »eine«, dies
schlechthinige Nein zu allem, was nicht es selbst, sondern
»andres« ist, welchen Namen dürften wir ihm geben, wenn
nicht den der Freiheit? Gottes Freiheit wird geboren aus der
ursprünglichen Verneinung des Nichts als das auf alles andre
nur als auf andres Gerichtete. Gottes Freiheit ist schlechthin
gewaltiges Nein.