DIE STRAHLEN ODER DER EWIGE WEG
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überlärmen in der Welt die schwerttaktierten Epochen der
Völker. Dem Kreuzweg des Christen konkurriert in der Seele
eine andre Macht, die einzige, die gleichfalls den Gegensatz
nicht durch Verleugnen, sondern durch Gestaltung überwindet:
die Kunst. Sie war schon wirksam als Bereiterin der Seele
zum Beschreiten des Wegs. Sie konnte dieses Amts walten,
weil auch sie in ihrem Reiche den Kreuzweg der Seele kannte.
Denn Prometheus hing schon an der Felswand ein halb Jahr
tausend, ehe das Kreuz auf Golgatha erhöht ward.
Auch die Kunst überwindet nur, indem sie das Leiden ge
staltet, nicht indem sie es verneint. Der Künstler weiß sich
als der, dem gegeben ist, zu sagen was er leidet. Die Stumm
heit des ersten Menschen ist auch in ihm selbst. Er versucht
weder, das Leiden zu »verschweigen« noch es »herauszu
schreien«: er stellt es dar. In der Darstellung versöhnt er den
Widerspruch, daß er selber da ist und doch auch das Leiden
da ist; er versöhnt ihn, ohne ihm den geringsten Abbruch zu
tun. Ihrem Inhalte nach ist alle Kunst »tragisch«, Darstellung
des Leidens; auch die Komödie lebt von diesem Mitgefühl der
immer doch daseienden Armut und Mangelhaftigkeit des Da
seins. Die Kunst ist in ihrem Inhalt tragisch, wie sie in ihrer
Form, und alle Kunst, komisch ist und selbst das Gräßlichste
mit einer gewissen romantischdronischen Leichtigkeit — nun
eben darstellt. Die Kunst als Darstellung ist das, was tragisch
und komisch in einem ist. Und der große Darsteller ist wirk
lich, wie es im Morgendämmer von Agathons Siegesmahl ver
handelt wurde, zugleich Komiker und Tragiker. Dies Janus
gesicht der Kunst, daß sie das Leiden des Lebens gleichzeitig
erschwert und dem Menschen hilft, es zu tragen, läßt sie seine
Begleiterin durchs Leben werden. Sie lehrt ihn, überwinden
ohne zu vergessen. Denn der Mensch soll nicht vergessen, er
soll alles in sein Innres erinnern. Er soll Leid tragen und soll
getröstet werden. Gott tröstet ihn mit allen, die des Trosts
bedürftig sind. Die Träne des Trauernden wird weggewischt
von seinem wie von jeglichem Angesicht. Sie schimmert ihm
im Auge bis zur großen Erneuerung aller Dinge. Bis dahin ist