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DRITTER TEIL: ZWEITES BUCH
Das ist der wunderliche Doppelsinn der Taufe: sie wird voll
zogen am Einzelnen, am Neugeborenen, am Anfang des
Lebens, und verbürgt ihm, dem Unmündigen des Lebens, die
Vollendung des Lebens, die Erlösung. Daß das Christentum
die Erlösung in der Taufe vollzieht, daß es die Widerstands
losigkeit des seiner selbst unbewußten unmündigen Kindes für
die Widerstandslosigkeit der höchsten Bewußtheit des schwei
genden Anbetens gelten läßt, das bannt es endgültig auf den
Weg. Aber das macht es über den Weg auch zur Herrin. Hier
kann niemand ihm den Rang ablaufen. Denn diese letzte
Siegesgewißheit, die den einzelnen immer wieder ersten Schritt
allemal schon voll für den letzten gelten läßt, ist ihm nicht ab
zulernen. Die Taufe kann so wirklich unter den Sakramenten,
die ja alle sieben, das eucharistische als das Sakrament der
Offenbarung ausgenommen, den Menschen in bestimmten
Stunden und Beziehungen seines natürlichen, sittlichen, gesel
ligen Lebenswegs aufsuchen, für diese fünf andern Sakramente
des Wegs der Erlösung eintreten; und der Protestantismus hat
in diesem Sinn die Vereinfachung, wenn sie denn nötig war,
an der richtigen Stelle vorgenommen. Denn indem der Anfang
des Weges vorweg mit der Weihe der Erlösung geweiht wird,
ist das ganze folgende Leben darunter gestellt, und jede
Stunde, die der Christ im Leben fernerhin etwa noch Christ ist,
bedeutet nur eine Erneuerung seines Taufbunds, der ihn bei
seinem ersten Eintritt in die Welt unter die endgültig Erlösten
aufnahm. Die Taufe läßt uns ganz erkennen, was wir zuerst
am Weihnachtsfest erkannten: daß dem Christentum für die
Erlösung der Anfang eintritt, für das vollendete Leben der be-
schrittene Weg. In jeder Taufe erneuert sich die Anbetung
des göttlichen Kindes. Das Christentum ist ganz jung. Denn
in jedem Einzelnen, in jeder Seele beginnt es wieder von vorn.
D as Christentum ist jung, — nicht so die christliche Welt.
Die Taufe weihte den Einzelnen für die christliche Welt.
Aber diese Welt selber ist ungeweiht. Der Kreis des Lebens,
der sich uns im Volk rundete, rundet sich dem Christen nur in