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DRITTER TEIL: ZWEITES BUCH
Aber zugleich gewinnt nun das Antlitz des Fests auch schon
die reinen Gegenwartsziige der Offenbarung, indem es zur
Mitte einer vielwöchigen Festzeit wird. Die Adventszeit vor
her erneuert die Erinnerung an die Prophetie des »alten«
Bundes und gründet so dem Weihnachtswunder einen eigenen
Schöpfungsgrund. Im Neujahrsfest aber und im Fest der drei
Könige klingt innerhalb der Weihnachtsfestzeit die Erlösung,
das Zueinanderkommen von Glauben und Leben, vor: das
Neujahrsfest ist das Fest der Beschneidung des Kindes, mit
der nach jüdischer Auffassung die Zugehörigkeit zum Volk, die
unmittelbar und letzthin allein auf dem Geheimnis der Geburt
beruht, in der ersten Befolgung eines Gesetzes öffentlich be
kundet wird; entsprechend leitet dies Fest den Gang des
Kirchenjahrs aus seinem eignen höheren Anfang hinein in den
Kreis des bürgerlichen Jahrs; und die Anbetung der Könige
aus dem Morgenland spielt vor auf die künftige Anbetung
durch die Könige und Völker aller Lande; beide Feste zu
sammen also auf das Doppelereignis, das unter Konstantin ein
trat: das sich Einordnen des Christentums in den Staat, das
sich Bekehren des Staats zum Christentum. Und also zwischen
seinen eignen Schöpfungsgrund und seine eigene Erlösungs-
vorwegnahme eingestellt wird so das Weihnachtswunder
selber schon zur ganzen Offenbarung.
Aber die eigentliche Festzeit der Offenbarung innerhalb der
drei Feste der Offenbarung sind doch erst die Ostern. Erst
Golgatha und das leere Grab, nicht schon der Stall von Beth
lehem gilt der Christenheit für den Anfang ihres Wegs. Das
Kreuz jedenfalls, und nichts vorher aus dem »Leben Jesu«, ist
es, was ihr von jedem der zahllosen Mittelpunkte ihres ewigen
Wegs aus immer gleich nah sichtbar bleibt. Gleichwie auch
uns erst das Sinaiwunder, die Gabe der Thora, und nicht schon
der Auszug aus Egypten, die Offenbarung bedeutet, die uns
immerfort als gegenwärtig begleitet; des Auszugs müssen wir
uns erst erinnern, und sei es auch so leibhaft als wären wir
selbst dabei gewesen; aber der Thora brauchen wir uns nicht
zu erinnern, sie ist gegenwärtig. So ist dem Christen nicht die