DIE STRAHLEN ODER DER EWIQE WEG
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wohl in dem göttlichen Weltschöpfer, dessen Macht er spie»
gelt, wie in dem Erlösungssehnen der Welt, dem er dient, den
einen notwendigen Weg der Christenheit in den Teil- des All,
der die Welt ist.
Der andre Weg führt durch die Kirche. Auch sie ist ja in
der Welt. So muß sie mit dem Staat in Zwist kommen. Sie
kann nicht darauf verzichten, sich selber rechtlich zu ver
fassen. Sie ist eben sichtbare Ordnung, und keine, die der
Staat, etwa da sie sich bloß auf ein bestimmtes Gebiet be
schränkt, dulden könnte, sondern Ordnung, die nicht weniger
allgemein sein will als er. Auch ihr Recht, nicht bloß das des
Kaisers, erfaßt irgendwann einmal jeden. Sie holt den Men
schen heran zum Werk der Erlösung und weist diesem Werk
eine Stätte in der geschaffenen Welt; Steine aus dem Gebirge
müssen herangefahren werden und Stämme im Walde gefällt,
daß das Haus erstehe, worin der Mensch Gott dient. Weil sie
also in der Welt ist, sichtbar und eignen allgemeinen Rechts,
so ist sie ebensowenig wie das Kaiserreich etwa selber das
Reich Gottes. Dem wächst sie in ihrer säkularen, ihrer welt
lichen Geschichte durch die Jahrhunderte entgegen, ein Stück
Welt und Leben auch sie, das erst in seiner Beseelung durch
die Liebestat des Menschen verewigt wird. Die Kirchenge
schichte ist so wenig Geschichte des Reichs Gottes wie die
Kaisergeschichte. Denn es gibt überhaupt im strengen Sinn
keine Geschichte des Reichs Gottes. Das Ewige hat keine Ge
schichte, höchstens eine Vorgeschichte. Die Jahrhunderte und
Jahrtausende der Kirchengeschichte sind nur die durch die
Zeit wechselnde irdische Gestalt, um die allein das Kirchen
jahr den Heiligenschein der Ewigkeit webt.
D en Kreis des geistlichen Jahres, ihn gilt es nun
abermals zu durchlaufen. Im vorigen Buch hatten wir
ihn als den Lehrgang des gemeinsamen Schweigens kennen
gelernt, vom gemeinsamen Hören über das gemeinsame Mahl
hin zum gemeinsamen Anbeten. Dieser Gang bleibt auch hier
der gleiche. Dort freilich, wo ein Volk und seine Ewigkeit sich