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DIE STRAHLEN ODER DER EWIGE WEG
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trennten Abfolgen der Geschlechter. Das ist das Bündnis
zwischen Enkel und Ahn; durch dieses Bündnis wird das Volk
zum ewigen Volk; denn indem sich Enkel und Ahn erblicken,
erblicken sie im gleichen Augenblick ineinander den spätesten
Enkel und den ersten Ahn. So sind der Enkel und der Ahn,
beide einander, und beide zusammen für den, der zwischen
ihnen steht, die wahre Verkörperung des ewigen Volks; wie
der zum Bruder gewordene Mitmensch dem Christen die
Kirche verkörpert. An Greisen und an Kindern erleben wir un
mittelbar unser Judentum. Der Christ erlebt sein Christentum
im Gefühl des Augenblicks, der ihm den Bruder zuführt mitten
auf der Höhe des ewigen Wegs; dort drängt sich ihm die
ganze Christenheit zusammen; sie steht wo er, er wo sie, —
auf der Mitte der Zeit zwischen Ewigkeit und Ewigkeit.
Anders zeigt uns der Augenblick die Ewigkeit: nicht im
Bruder, der uns zunächst steht, sondern in denen, die uns
zufernst stehen in der Zeit, im Ältesten und im Jüngsten, im
Greis der mahnt, im Knaben der fragt, im Ahn der segnet und
im Enkel der den Segen empfängt. So spannt sich uns die
Brücke der Ewigkeit — vom Sternenhimmel der Verheißung,
der sich über dem Berg der Offenbarung wölbt von wo der
Strom unsres ewigen Lebens entsprang, bis hin zum unzähl
baren Sand der Verheißung, an den das Meer spült darein
jener Strom mündet, das Meer, aus dem einst der Stern der
Erlösung aufsteigen wird, wenn seinen Fluten gleich die Erde
überschäumt von Erkenntnis des Herrn.
Zuletzt drängt so jene Spannung von Anfang und Ende doch
wieder gewaltig hin zum Ende; obwohl sie als Spannung nur
aus beiden entsteht, sammelt sie sich schließlich doch an
einem Punkt, eben am Ende. Das Kind mit seinen Fragen ist
zuletzt doch noch ein gewaltigerer Mahner als der Greis; der
Greis wird zur Erinnerung, und mögen wir uns auch immer
fort nähren aus dem unversieglichen Schatze seines begeister
ten Lebens und uns halten und stärken an der Väter Verdienst:
das Kind allein zwingt. Nur »aus dem Munde der Kinder und
Säuglinge« gründet Gott sein Reich. Und wie jene Spannung