Full text: Der Stern der Erlösung

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DRITTER TEIL: ZWEITES BUCH 
legung; er hat Dasein — das ist mehr als Worte. Aber die 
Welt hat ein Anrecht auf Worte. Ein Glaube, der die Welt ge 
winnen will, muß Glaube an etwas sein. Schon die geringste 
Vereinigung einiger, die sich vereinigen, um ein Stück Welt 
zu gewinnen, bedarf eines gemeinsamen Glaubens, eines 
Losungsworts, woran sich die Vereinigten erkennen. Jeder, 
der sich in der Welt ein Stück eigenen Wegs schaffen will, 
muß an etwas glauben. Bloß Gläubigsein würde ihn nie zum 
Etwas in der Welt gelangen lassen. Nur wer an Etwas glaubt, 
kann ein Etwas, eben das woran er glaubt, erobern. Und das 
gilt genau so vom christlichen Glauben. Er ist im höchsten 
Sinne dogmatisch und muß es sein. Er darf nicht auf Worte 
verzichten. Im Gegenteil: er kann sich gar nicht genug tun an 
Worten, er kann nicht genug Worte machen. Er müßte wirk 
lich tausend Zungen haben. Er müßte alle Sprachen sprechen. 
Denn er muß wollen, daß alles sein eigen würde. Und so muß 
das Etwas, woran er glaubt, kein Etwas, sondern Alles sein. 
Und eben darum ist er der Glaube an den Weg. Indem er an 
den Weg glaubt, bahnt er ihn in die Welt. So ist der zeugnis- 
ablegende christliche Glaube erst der Erzeuger des ewigen 
Wegs in der Welt, während der jüdische Glaube dem ewigen 
Leben des Volks nachfolgt als Erzeugnis. 
Der christliche Glaube also, das Zeugnis vom ewigen Weg, 
ist schöpferisch in der Welt; er vereint die, welche das Zeug 
nis ablegen, zu einer Vereinigung in der Welt. Er vereinigt sie 
als Einzelne; denn Zeugnis ablegen ist immer Sache des Ein 
zelnen. Und überdies soll hier der Einzelne Zeugnis ab 
legen über seine Stellung zu einem Einzelnen; denn das Zeug 
nis geht ja auf Christus; Christus ist der gemeinsame Inhalt 
aller Zeugnisse des Glaubens. Aber die als Einzelne Vereinig 
ten richtet nun der Glaube auf gemeinsame Tat in der Welt. 
Denn die Bahnung des Wegs ist gemeinsames Werk aller Ein 
zelnen; jeder Einzelne kann ja nur einen Punkt, seinen Punkt, 
des ewigen Wegs betreten und ihn zu dem machen, was der 
ganze Weg werden muß um ewiger Weg zu sein: Mitte. Und 
so stiftet der Glaube die Vereinigung der Einzelnen als Ein
	        

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