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DAS FEUER ODER DAS EWIGE LEBEN
so folgt auch das Fest der Offenbarung im Volk dem der Stif
tung des Volks in unmittelbarem Anschluß. Vom ersten Tag
des Befreiungsfestes beginnt im Gotteshaus wie im Heim ein
Zählen der Tage bis hin zum Fest der Offenbarung. Das Fest
selber vertieft sich mit vollkommener Ausschließlichkeit in den
einen Augenblick des zwiefachen Sinaiwunders: des Nieder
steigens Gottes zu seinem Volk und der Verkündung des Zehn
gebots. Im Gegensatz zu dem alles in seinem Schoße tragenden
Fest des nationalen Ursprungs weiß es fast nichts von etwas
außer ihm; das Vorher und Nachher der Offenbarung bleibt im
Schatten; das Volk ist ganz versenkt in die Zweieinsamkeit mit
seinem Gott. Auch die verlesenen Prophetenabschnitte öffnen
keinen Rück- oder Ausblick, sondern führen das nach innen
gekehrte Auge nur noch tiefer ins Innre hinein: Hesekiels
rätselvoll gestaltenreiches Gesicht der göttlichen Anfahrt und
des Habakuk stürmischer Gesang von Gottes Hereinbrausen in
die Welt, dort Hindeutung auf innere Geheimnisse des Wesens,
hier Abschilderung des übermächtigen Erscheinens, aber beide
mal durchaus ein Bleiben im Kreise des einen größten Augen
blicks der Offenbarung. Und so wissen sich auch die jüngeren
Gebete des Fests nicht genug zu tun in immer neuen dich
terischen Umschreibungen des einen großen Inhalts der Offen
barung, des Zehnworts.
Aber das Volk darf nicht unter dem bergenden Schatten des
Sinai, mit dem es Gott umhüllte, daß es mit ihm allein sei, ver
weilen. Es muß aus der verborgenen Zweieinsamkeit mit
seinem Gott hinaus in die Welt; es muß die Wüstenwanderung
antreten, deren Ende das lebende Geschlecht, das unterm
Sinai gestanden, nicht mehr erleben wird; erst ein nach
geborenes wird nach vollbrachter Wanderung durch die Wüste
die Ruhe im göttlichen Heiligtum der Heimat finden. Das
Hüttenfest ist das Fest der Wandrung zugleich und der Ruhe;
zum Gedenken an die einstige lange Wanderung, die dort
endlich zur Ruhe führte, vereinen sich da die Hausgenossen
zum heiteren Mahl nicht in den gewohnten Räumen des
Hauses, sondern unter leichtem, schnellgebautem Dache, das