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DRITTER TEIL: ERSTES BUCH
Bräutigam die Braut — jubelnd begrüßte, als er ins Gotteshaus
einzog, so entschwindet er wieder wie ein Traum in den Alltag.
Der kleinste menschgesetzte Kreislauf, die Arbeitswoche, heb!
wieder an. Ein Kind hält den Brand, den ein Greis beim
letzten mit geschlossnem Auge geleerten Becher erwachend
aus dem Traum der Vollendung, den das Fest des siebenten
Tags gewoben, entzündet. Aus dem Heiligtum gilt es wieder
den Weg zu finden in den Alltag. Auf den Wechsel von Hei
ligem und Gemeinem, von siebentem und erstem Tag, von
Vollendung und Anfang, Greis und Kind baut sich das Jahr,
baut sich das Leben. Der Sabbat ist der Traum von Voll
endung, aber nur ein Traum. Und erst indem er dies beides
ist. wird er wirklich der Grundstein des Lebens, und grade als
Pest der Vollendung seine immer erneuerte Schöpfung.
Denn dies ist das Letzte: Seiner Einsetzung gemäß war der
Sabbat zuvörderst Erinnerung an das Werk des Anfangs und
als solche dauernder, fester Grund des geistlichen Jahres;
andrerseits war seine Einsetzung selber doch innerhalb der
Schöpfung schon das erste Zeichen der Offenbarung — er
scheint doch in den Worten der Einsetzung verhüllt zum ersten
Mal in der Schrift der offenbarte Name Gottes; endlich aber ist
er nun grade darin, daß er beides, sowohl Zeichen der Schöp
fung wie erste Offenbarung ist, auch und sogar vor allem die
Vorwegnahme der Erlösung. Was denn andres wäre die
Erlösung als dies, daß sich Offenbarung und Schöpfung ver
söhnten! Und was wäre die erste unerläßliche Vorbedingung
solcher Versöhnung als die Ruhe des Menschen nach getaner
Weltarbeit. Sechs Tage hat er gearbeitet und alle seine
Geschäfte verrichtet, aber am siebenten ruht er; sechs Tage
hat er viel Nützes und Unnützes gesprochen, wie es ihn der
Werktag hieß, aber am siebenten läßt er nach dem Geheiß des
Propheten seine Zunge ruhen von alltäglichem Gerede und
lernt das Schweigen und Hören. Und diese Heiligung des
Ruhetags durch das schweigende Hören der Stimme Gottes
muß seinem ganzen Hause gemeinsam sein; es darf picht
gestört werden durch den Lärm des Befehls; auch Knecht und