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DAS FEUER ODER DAS EWIGE LEBEN
geschieht, hat eine doppelt^ Beziehung, einmal aut »diese« und
dann auf die »kommende« Welt. Dies Beieinander der zwei
Welten, dieser und jener, bestimmt alles; das im Segensspruch
beseelte Ding selber hat eine zwiefache Bestimmung; in
»dieser« Welt dient es zum gemeinen Gebrauch, kaum anders
als ob es ungesegnet geblieben wäre, aber gleichzeitig ist es
jetzt einer der Steine geworden, aus denen sich die »kom
mende« Welt erbaut. Der Segen spaltet die Welt, um sie ins
künftige wieder zu einen, aber gegenwärtig ist nur die Spal
tung sichtbar. Diese Spaltung durchdringt das ganze Leben,
als Gegensatz von Heilig und Gemein, Sabbat und Werktag,
»Thora und Weg der Erde«, Leben im Geist und Geschäft. Sie
zerfällt, wie den Lebenstag Israels selber in Heilig und Gemein,
so auch den ganzen Erdkreis wieder in Israel und die Völker.
Und wieder ist es nicht einfach so, daß das Heilige das Gemeine
draußen ließe, sondern der Gegensatz ist ganz ins Innere hin
eingenommen, und wie der Segen alles Gemeine erfaßt und
nichts mehr gemein bleiben läßt, sondern alles heiligt, so
werden auch des ewigen Lebens der künftigen Welt, das eben
noch Israel allein Vorbehalten schien, plötzlich nicht anders
auch die Frommen und Weisen der Völker teilhaftig und die
Gesegneten selber ein Segen.
Ein solcher Wirrwarr von Widersprüchen entsteht, wenn
man die Elemente des jüdischen Lebens als ruhende Elemente
anzuschauen versucht. Die Frage nach dem Wesen läßt sich
nur durch solche Aufzeigung von Widersprechendem beant
worten, also eigentlich gar nicht. Aber das lebendige Leben
fragt ja nicht nach dem Wesen. Es lebt. Und indem es lebt,
beantwortet es sich selbst alle Fragen, noch ehe es sie stellen
kann. Was bei der Wesensschau ein Wirrwarr von Wider
sprüchen scheint, ordnet sich im Jahresringe des Lebens zum
durchsichtigen Reigen; der in sich selber zurückkehrende Kreis
des Menschenlebens wird dem Auge zum anschaulichen Bilde
dessen, was am Himmel des All im einmaligen, unwiederhol
baren, jedes Augenmaß überschreitenden Ablauf des Gottes
tages die nacheinander einfallenden Stimmen dem auf das große
Sphärenklingen horchenden Ohre tönen.