DAS FEUER ODER DAS EWIGE LEBEN 383
her am Verhältnis zur Sprache und zum Land, wie dem Volk
das zeitliche Leben versagt ist um des ewigen Lebens willen;
wieder kann es das geschichtliche Leben der Weltvölker nicht
voll und schöpferisch mitleben, es steht immer irgendwie
zwischen einem Weltlichen und Heiligen, von beiden durch
das jeweils andre getrennt und so letzthin lebendig nicht wie
die Völker der Welt in einem sichtbar in die Welt gestellten
volksmäßigen Leben, in einer tönend seine Seele aus*
sprechenden volkstümlichen Sprache, in einem fest auf der
Erde begrenzten und gegründeten volkseigenen Gebiet, sondern
einzig und allein in dem, was den Bestand des Volks über die
Zeit, die Unvergänglichkeit seines Lebens, sichert: im Schöpfen
der eigenen Ewigkeit aus den dunkeln Quellen des Bluts.
Darum aber, weil es nur auf die selbstgeschaffene Ewigkeit
vertraut und auf sonst nichts in der Welt, glaubt dies Volk auch
wirklich an seine Ewigkeit, während die Völker der Welt im
Grunde alle ähnlich wie der einzelne Mensch mit ihrem eigenen
Tode für irgend einen sei es noch so fernen Zeitpunkt doch
rechnen. Ja ihre Liebe zum eignen Volkstum ist süß und
schwer von diesem Vorgefühl des Todes. Nur zum Sterblichen
ist die Liebe ganz süß, nur in der Herbigkeit des Todes ist das
Geheimnis dieser letzten Süße beschlossen. So sehen die
Völker der Welt einmal eine Zeit voraus, wo ihr Land mit
seinen Bergen und Flüssen wohl noch unterm Himmel liegt
wie heute, aber andre Menschen wohnen darin; ihre Sprache
ist in Büchern bestattet und ihre Sitten und Gesetze haben die
lebendige Macht verloren. Wir allein können uns solche Zeit
nicht vorstellen; denn alles, worin die Völker der Welt ihr
Leben verankerten, uns ist es schon vorlängst geraubt; Land
Sprache Sitte und Gesetz ist uns schon lang aus dem Kreise
des Lebendigen geschieden und ist uns aus Lebendigem zu
Heiligem erhoben; wir aber leben noch immer und leben ewig;
mit nichts Äußerem mehr ist unser Leben verwoben, in uns
selbst schlugen wir Wurzel, wurzellos in der Erde, ewige Wan
derer darum, doch tief verwurzelt in uns selbst, in unserm
eignen Leib und Blut. Und diese Verwurzelung in uns selbst
und allein in uns selbst verbürgt uns unsre Ewigkeit.