DRITTER TEIL: ERSTES BUCH
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Eigentum der Heimat bestritten: es selbst ist nur ein Fremd
ling und Beisaß in seinem Lande; »mein ist das Land«, sagt
ihm Gott; die Heiligkeit des Landes entrückt das Land seinem
unbefangenen Zugriff, solange es zugreifen konnte; sie stei
gert seine Sehnsucht nach dem verlorenen ins Unendliche und
läßt es hinfürder in keinem andern Land mehr ganz heimisch
werden; sie zwingt es, die volle Wucht des Willens zum Volk
in den einen Punkt zu sammeln, der bei den Völkern der Welt
nur einer unter andern ist, dem eigentlichen und reinen Lebens
punkt, der Blutsgemeinschaft; der Wille zum Volk darf sich
hier an kein totes Mittel klammern; er darf sich verwirklichen
allein durch das Volk selber; das Volk ist Volk nur durch das
Volk.
Aber ist denn das eigne Land, das Gebiet, das einzige
worauf sich außer auf dem Blut die Volksgemeinschaft
gründet? Tragen die Völker nicht, unter welchen Himmel
sich ihre Kinder auch entfernen, mit sich ein lebendigeres
Merkmal der Zusammengehörigkeit, die eigne Sprache? Die
Sprache der Weltvölker ist, so scheint es, nicht an irgend ein
Totes, Äußeres gebunden; sie lebt mit dem Menschen zu
sammen, mit dem ganzen Menschen, mit der, solange er lebt,
unzertrennlichen Einheit seines leiblich=geistigen Lebens. So
wäre die Sprache freilich nicht gebunden an irgend ein Äuße
res. Aber wäre sie deshalb weniger vergänglich? Wenn sie
gebunden ist unmittelbar an das Leben des Volkes, wie ge
schieht ihr dann, wenn dies Leben stirbt? Nicht anders als ihr
auch geschieht, solang es lebt: sie lebt auch dieses Letzte
seines Lebens mit, sie stirbt mit. Die Sprache der Völker folgt
bis ins allerfeinste dem lebendigen Wechsel der Schicksale des
Volks, aber diese Nachfolge des Lebendigen reißt sie auch mit
hinein in das Schicksal des Lebendigen, zu sterben. Sie ist
lebendig, weil sie — sogar sterben kann. Ewigkeit wäre ihr
ein böses Geschenk; nur weil sie nicht ewig ist, nur weil sie
getreu die wandelnden Zeiten des durch seine Lebensalter
wachsenden Volks und seine Schicksale unter den Völkern
spiegelt, nur deshalb verdient sie das Lebendigste des Volks,