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VOM REICH
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Liebe hinanträgt zur schweigenden Erleuchtung des voll er
füllenden Endes, So wird die Liturgik für diesen dritten Teil
eine ähnliche Organonstellung einnehmen wie für den ersten
die Mathematik, für den zweiten die Grammatik. Allerdings
wird das Verhältnis zwischen dem Organon und dem kraft
ihm zu erkennenden Sein hier ein anderes sein müssen als es
für Mathematik und Grammatik war, wie ja auch diese beiden
schon in verschiedenem Verhältnis, zu dem von ihnen her zu
Erkennenden standen.
Die mathematischen Symbole waren wirklich nur Symbole
gewesen; sie waren das Geheimnis im Geheimnis, stumme
Schlüssel, die im Innern dieses Schreins der Urwelt selber in
einem Geheimfach aufbewahrt wurden; sie staken in und
hinter den Dingen und galten dieser urgeschaffenen Welt sel
ber wieder für etwas Vergangenes, »apriorische« Erbstücke
einer Vorschöpfung. Die Formen der Grammatik hingegen
sprechen das Wunder unmittelbar aus, sie stecken nicht mehr
in irgend einem geheimnisvollen Hintergrund der ihnen an-
gehörigen Welt, sondern sie sind ganz eins mit ihr; sie sind
innerhalb des Wunders selber wieder das Wunder, offenbare
Zeichen einer offenbaren Welt. Sie sind ihrer Welt genau
gleichzeitig; wo sie ist, da ist auch die Sprache, die Welt ist
nie ohne das Wort, ja sie ist nur im Wort, und ohne das Wort
wäre sie selber auch nicht. Die Gestalten der Liturgik aber
besitzen diese Gleichzeitigkeit zu dem in ihnen zu Erkennenden
nicht; sie nehmen ja vorweg; es ist ein Zukünftiges, das sie
zum Heute machen. So sind sie nicht Schlüssel und nicht Mund
ihrer Welt, sondern Vertreter. Sie vertreten die erlöste Über
weit dem Erkennen; das Erkennen erkennt nur sie; es sieht
nicht über sie hinaus; das Ewige verbirgt sich hinter ihnen.
Sie sind das Licht, in welchem wir das Licht schauen, stille
Vorwegnahme einer im Schweigen der Zukunft leuchtenden
Welt.
Die Vorwelt enthielt nur die stummen Elemente, aus denen
sich die Bahn des Sterns aufbaute; die Bahn selber war eine
Wirklichkeit, aber in keinem Augenblick mit Augen zu er