Full text: Der Stern der Erlösung

VOM ALL 
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wie jener Fluch, mit dem Kierkegards Qotteserlebnis anhub, 
bedeutet jener berühmte Satz: »wenn Gott wäre, wie hielte 
ich es aus, nicht Gott zu sein«. Noch nie hatte ein Philosoph 
so Auge in Auge mit dem lebendigen Gott gestanden, um so 
zu sprechen. Der erste wirkliche Mensch unter den Philo 
sophen war auch der erste, der Gott von Angesicht zu An 
gesicht sah — wenn auch nur, um ihn zu leugnen. Denn jener 
Satz ist die erste philosophische Gottesleugnung, in der Gott 
nicht mit der Welt unlöslich verbunden ist. Zur Welt hätte 
Nietzsche nicht sagen können: wenn sie wäre, wie hielte ich 
es aus, nicht sie zu sein. Dem lebendigen Menschen erscheint 
der lebendige Gott. Das trotzige Selbst schaut mit ingrim 
migem Haß die alles Trotzes ledige göttliche Freiheit, die ihn, 
weil er sie für Schrankenlosigkeit halten muß, zur Leugnung 
drängt, — denn wie hielte er es sonst aus, nicht Gott zu sein. 
Nicht Gottes Sein, Gottes Freiheit treibt ihn zu dieser Selbst 
verwahrung; über Gottes bloßes Sein, auch wenn er daran 
»glaubte«, könnte er lachend hinwegschreiten. So stößt das 
Metaethische, wie zuvor das Metalogische, das Metaphysische 
aus sich ab und macht es gerade dadurch als göttliche »Per 
sönlichkeit«. als Einheit — nicht wie die menschliche Persön 
lichkeit als Eins — sichtbar. 
Doch es mag genug sein an vorbereitenden Bemerkungen. 
Sowohl die zeitgeschichtlichen wie die begrifflichen Zu 
sammenhänge ließen sich noch weiter ausspinnen, ohne daß 
dadurch mehr erreicht würde als — Vorbereitung. Indem wir 
das Voraussetzungsvolle des Gedankens, das Denken habe 
das All zu denken, erkannten, zersplitterte uns unversehens 
der bisher grundsätzlich einfache Inhalt der Philosophie, das 
All des Denkens und Seins, in drei getrennte, sich gegenseitig 
in verschiedener, noch nicht näher faßbarer Weise abstoßende 
Stücke. Von diesen drei Stücken — Gott Welt Mensch — 
wissen wir, soviel wir schon in freier Anknüpfung an das all 
gemeine Bewußtsein der gegenwärtigen Zeit davon geredet 
haben, im strengen Sinne noch gar nichts. Es sind die Nichtse,
	        
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